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§ 14. Die beiden astronomischen Gradnetzentwürfe — so wollen
wir den orthographischen und orthodromischen mit gemeinschaftlichem
Namen nennen — sind ungeeignet, wenn es sich um die Abbildung
grofser Teile der Erd- oder Himmelskugel handelt; der orthographische
läfst sich nicht über die Halbkugel hinaus und der orthodromische läfst
sich nicht einmal bis zur Halbkugel ausdehnen. Dazu kommt die mit
ihnen verbundene gewaltige Verunstaltung des Bildes nicht nur in
Bezug auf die Verzerrung der Winkel, sondern auch in Bezug auf
das Verhältnis der Flächenräume. Mit dem zunehmenden Abstande
vom Bildmittelpunkte nimmt der Sinus immer weniger zu, so dafs die
Flächenräume mehr und mehr verdichtet und an den Grenzen der
Halbkugel unendlich klein werden; die Tangente dagegen nimmt immer
mehr zu, so dafs die Flächenräume mehr und mehr verdehnt und an
der Grenze der Halbkugel unendlich grofs werden, und doch ist es
für manche Zwecke der Geographie ein wesentliches Erfordernis, dafs
die Flächenräume ihr wahres Verhältnis zu einander behalten. Wenn
sich auch auf beiden Netzentwürfen manche Aufgaben z. B. die gegen
seitige Entfernung zweier Orte zu bestimmen, graphisch ohne Schwie
rigkeit lösen lassen, so bietet das doch keinen Ersatz für ihre ander
weitigen Mängel. Man hat sich deshalb nach anderen Darstellungs
weisen umgesehen, bei denen die Radspeichen oder die Halbmesser
der Breitenparallele mehr zunehmen, als die Sinus, und weniger
zunehmen, als die Tangenten, und da lag es geometrisch und
trigonometrisch am nächsten, dafs man statt des Sinus des gan
zen sphärischen Abstandes den doppelten Sinus des halben Ab
standes, und statt der Tangente des ganzen sphärischen Abstandes
die doppelte Tangente des halben Abstandes wählte. Bezeichnet a
den sphärischen Halbmesser des Breitenparallels auf der Kugelober
fläche und p den geradlinigen Halbmesser desselben Breitenparallels
in der Bildebene, so hat man als Gleichungen für die drei bisher
besprochenen Netzentwürfe, wenn der Kugelhalbmesser = 1 gesetzt wird:
p = arc a für den speichentreuen t r /■"< Wv fart*AJt y )
p = sin a für den reifentreuen (ci' U <-' $ '■ *■ )
$ = tangct. für. den geradwegigen / J
Netzentwurf. Für die beiden neuen Entwürfe hätte man:
p = 2 sin a/ 2 £ 1 )
p = 2 fang a/ 2 j 'm yAt l4<t t-u-a )
Geometrisch würden sich diese Halbmesser in folgender Weise dar
stellen lassen.
§ 15. Man legt, wie dies schon vorhin geschehen ist, durch den
Berührungspunkt A, in dem das Auge des Beobachters gedacht wird,
eine wagerechte Linie und teilt auf ihr von A aus nach beiden Seiten