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aber merkwürdigerweise findet sich in dem überdasPlanisphärium d.h.die
stereographische Projektion die Eigenschaft der Kreistreue noch nicht aus
gesprochen. Das geschah erst von JordanusNemorarius, einem ausgezeich
neten Mathematiker des 13. Jahrhunderts, in seiner kleinen, aber ganz vor
züglichen Schrift über das Planisphärium, in der sich auch der oben
benutzte einfache, die Lehre von den Kegelschnitten nicht voraus
setzende Beweis dafür findet. Die Winkel treue dieser Projektion ist
zuerst von Gerhard Mercator bemerkt. Auf einem i. J. 1587 zu Duis
burg erschienenen Einzelblatte, das die östliche und westliche Halb
kugel in stereographischer Projektion darstellt und von dem Sohne
Rumold unter Aufsicht des Vaters gearbeitet ist, findet sich in der
Legende am Fufs der Satz: Scint lector, nos eam complanandae sphae-
rae rationem secutos esse, quam Gemma Frisius in suo planisphaerio
adinvenit, quae omnium longe optima est. Fisi enim gradus a centro
versus circumferentiam crescant, uti in gradibus aequinoctialis vides,
tarnen latitudinis longitudinisque gradus in eadem a centro distantia
proportionem servant quam in sphaera, et quadrangoli inter duos proxi-
mos parallelos duosque meridianos rectangulam figuram liabent quemad-
modum in sphaera, ita ut regiones undiquaque omnes nativam figuram
obtineant sine omni tortuosa distractione. Mercator hat also zuerst be
merkt, dafs in der stereographischen Projektion das Abbild dem Ur-
bilde in den kleinsten Teilen ähnlich ist. Das Blatt wurde auch in
die beiden zu Duisburg 1595 und 1602 erschienenen Originalausgaben
des Atlas aufgenommen, aber in den sämtlichen später in Holland
abgedruckten Auflagen liefsen die Herausgeber die wichtige Legende
weg , ein Beweis dafür, wes Geistes diese Kartenfabrikanten waren.
Man sollte doch endlich einmal aufhören, von einer holländischen
Schule der Kartographen zu sprechen, die zwar Bilderbücher über
Bilderbücher geliefert, aber nie einen eignen Gedanken gehabt
haben. Ferner ist es durchaus ungehörig, den speichentreuen
Entwurf nach dem Franzosen Postei zu benennen. Mercator hat
ihn schon im Jahre 1569 auf seiner berühmten Weltkarte ad usum
navigantium zur Darstellung der Polargegenden bis 60° Breite
benutzt, während die Karte Posteis in derselben polständigen und
nicht etwa, wie auch irrtümlich behauptet ist, in zwischenständiger
Projektion erst zwölf Jahr später erschien; Polo aptata nova Charta
universi, Par. 1581. Ob Mercator sie selbständig erfunden hat, ist in
sofern zweifelhaft, als nach Fiorini (Bolletino della società geografica
italiana, Marzo-Aprile 1891) schon Giovanni Vespucci, der Neffe
Amerigo’s, sich ihrer zu seiner i. J. 1524 erschienenen Weltkarte be
dient hat. — Den flächentreuen Entwurf verdanken wir Lambert.