einander entsprechenden Teilpunkte durch einen stetigen Linienzug,
so erhält man das Gradnetz der ganzen Erdoberfläche in herzförmiger
Gestalt.
Der Erfinder dieser in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahr
hunderts mehrfach benutzten Entwerfungsart ist Johann Stab aus
Steyer in Oberösterreich, der sie, wahrscheinlich schon im Jahre 1502,
wo er sich längere Zeit in Nürnberg aufhielt, seinem dortigen Freunde
Johann Werner mitteilte. Dieser veröffentlichte sie dann nebst zwei
anderen, auch von Stab herrührenden ganz ähnlichen und ebenfalls
flächentreuen Entwürfen im Jahre 1514 in einer kleinen Schrift, die
er seiner Übersetzung des ersten Buches der Ptolemäischen Geographie
als Anhang beigab. Der sonst so gewissenhafte und zuverlässige For
scher D’Avezac schreibt sie irrtümlich Werner selbst zu; er hat offen
bar übersehen, dafs dieser in seiner Widmung an Pirkheimer ausdrück
lich sagt: Dicare tibi constitui libellum hunc de planis terrarum orbis
descriptionibus, quem Johanne Stabio, haud vulgari Mathematico, earun-
dem theoriam et incunabula primaria mihi suggerente, his proximis die-
bus composueram. Man sollte doch endlich auf hören von Werner-
schen Projektionen zu sprechen.
§ 54. Werden die Breitenparallele nicht als einmittige Kreise um
den Pol beschrieben, sondern mit dem als gerade Linie ausgestreckten
Äquator in gleichen Abständen parallel gezogen, so entsteht ein an
deres flächentreues Gradnetz, das noch jetzt vielfache Verwendung
findet. Um ein solches für Maschen von je 10° Breiten- und Längen
unterschied zu entwerfen, zieht man durch den Punkt A zwei sich
unter rechten Winkeln schneidende gerade Linien, eine wagerechte
und eine aufrechte, teilt von A aus auf jener nach beiden Seiten hin
18 gleiche Teile und auf dieser nach beiden Seiten hin 9 eben solche
gleiche Teile ab, dann vertritt jene Linie den Äquator und diese den
Meridian, und jeder der Teile umfafst 10°. Durch die Teilpunkte des
Meridians zieht man die Breitenparallele als gerade Linien parallel
mit dem Äquator und setzt auf jedem von ihnen vom Meridiane aus
gehend nach rechts und links hin achtzehn gleiche Teile ab, deren
Linearmafs = 10 . sin (90°—9) ist. Verbindet man dann die einander
entsprechenden Teilpunkte durch einen stetigen Linienzug, so stellen
sich die Meridiane als Sinuslinien dar, wofür die Franzosen den sprach-
und sinnwidrigen Ausdruck Sinusoiden eingeführt haben, so dafs lei
der auch in Deutschland dieser sinuslinige Gradnetzentwurf als sinus-
oidaler bezeichnet wird.
Seine Anwendung begegnet uns schon auf der Karte Südamerika^
in der Ausgabe von Mercatori Atlas, Frankfurt und Amsterdam 1606.
In seinen letzten Jahren hatte Mercator eine neue Bearbeitung Ame-