Full text: Das Verebnen der Kugeloberfläche für Gradnetzentwürfe

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andern. Genug, der Wirrwarr in der Benennung der Gradnetzent 
würfe ist unleidlich, und wie soll ihm abgeholfen werden? Etwas ge 
bessert würde die Sache werden, wenn man wenigstens von einer 
pseudobonnischen, pseudoflamsteedschen, pseudopostelschen usw. Pro 
jektion sprechen wollte, aber man mufs Hammer Recht geben, wenn 
er der Namengebung nach den Urhebern eine sachlich-systematische 
Einteilung und Benennung vorziehen möchte. Freilich ist eine solche 
mit grofsen Schwierigkeiten verbunden, und ich kann, offen gestanden, 
derjenigen Tissots nicht den grofsen Beifall schenken, der ihr von 
anderer Seite gespendet wird. Gerade er von seinem Standpunkte 
aus hätte damit beginnen sollen, die Kleie vom Mehl, das Unkraut 
vom Weizen zu scheiden. Es sind eben die ganz willkürlichen, zweck- 
und wertlosen Projektionen, die sich am schwierigsten in ein System 
einordnen lassen. Hat man sich ihrer entledigt, so wird man mit 
den übrig bleibenden schon zu stände kommen. 
Es ist hoch an der Zeit, dafs D’Avezac’s geschichtlicher Abrifs, 
der so vieler Berichtigungen und Ergänzungen bedarf, durch eine 
kritische Geschichte der Kartographie, wie sie z. B. von Fiorini ge 
schrieben werden könnte, ersetzt wird. Nicht nur seine unberechtigten 
Namengebungen, sondern auch seine sachlichen Irrtümer verbreiten 
sich immer mehr und setzen sich immer fester. Dazu kommt, dafs 
er gerade diejenigen Projektionen, die wenn auch nicht wissenschaft 
lich, so doch historisch von der höchsten Bedeutung sind, nur stief 
mütterlich behandelt hat. Das gegenwärtige Jahr mit seiner Jubel 
feier ruft auch die Erinnerung an die Kartographie im Zeitalter der 
Entdeckungen, an die loxodromischen und an die platten Seekarten, 
wieder wach. Wie wenig ist D’Avezac gerade ihnen gerecht gewor 
den! Dafs er hei den letzteren auch nicht mit einem Worte ihrer 
Vorzüge gedenkt und dadurch erklärt, wie es möglich gewesen ist, 
dafs sich dies Gradnetz bei den Seeleuten noch Jahrhunderte lang 
neben Mercators Projektion hat erhalten können, darf ich ihm nicht 
zum Vorwurfe machen, weil das den Rahmen seines Abrisses über 
schritten haben würde. Ich habe in § 45 einige Andeutungen darüber 
gegeben, die wohl verdienten, in einer Geschichte der Kartographie 
weiter ausgeführt zu werden. Aber unbegreiflich ist es mir, wie er 
den Bau der mittelalterlichen Seekarten so gründlich hat verkennen 
können, dafs er sie zu den platten Karten rechnet; und ich kann 
nicht umhin, hier an diesem Orte mein Bedauern darüber auszu 
sprechen, dafs sogar ein Mann wie Nordenskiöld sich diesen Irrtum 
hat aneignen können, vgl. seinen Facsimile-Atlas pag. 84a der eng 
lischen Ausgabe. In diesem unvergleichlich schönen Werke, dessen 
Loh, sowohl was die äufsere Ausstattung als den inneren Wert, sowohl 
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