Full text: Das Verebnen der Kugeloberfläche für Gradnetzentwürfe

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was die umfassende gründliche Forschung als auch namentlich die so 
oft vernachlässigte bibliographische Akribie betrifft, man nicht genug 
erheben kann, entwickelt der Verfasser gelegentlich der Besprechung 
von Theob. Fischer’s: Sammlung mittelalterlicher Seekarten, Venedig 
1886, Ansichten über die loxodromischen Seekarten, die sich bei 
näherer Prüfung sämtlich als unhaltbar erweisen. Weshalb soll man 
den sachlich richtigen Ausdruck loxodromische Karten deshalb ver 
werfen, weil das Wort Loxodrome für die vom Schiffe nach dem 
Kompafs beschriebene Kurslinie erst einige Jahrhunderte später ein 
geführt ist? In jedem Lehrbuche der Kartographie kann Nordenskiöld 
lesen, dafs Hipparch der Erfinder der stereographischen Projektion ist, 
und diese Benennung ist doch fast volle zweitausend Jahr jünger als 
die Erfindung. Aber Fischer ist durchaus im Recht, wenn er den 
Ausdruck Portolan für die mittelalterlichen Seekarten ablehnt, weil 
dies Wort stets ein Seebuch und keine Seekarte bedeutet hat; erst 
die Unkenntnis neuerer Schriftsteller hat das eine mit dem anderen 
verwechselt, und Nordenskiöld, als Vertreter der ernsten Wissenschaft 
hätte nicht auf den alleinigen Grund des Machtworts: „car tel est 
notre plaisir“ für die sachlich falsche Benennung eintreten sollen. Doch 
das sind Nebendinge gegenüber der Hauptsache, dafs er den Bau der 
mittelalterlichen Seekarten vollständig mifsverstanden hat, weil ihm 
der Unterschied zwischen mifsweisenden und rechtweisenden Loxo- 
dromen nicht klar gewesen ist. Alles was er von den Loxodromen 
sagt, z. B. dafs sie auf Karten mit parallelen Meridianen gerade Linien 
sein müssen, dafs sie nur auf Karten iu Mercators Projektion die zu 
steuernden Schiffskurse richtig angeben usw., bezieht sich auf recht 
weisende Loxodromen, und diese waren ja dem Mittelalter unbekannt, 
weil die Mifsweisung noch nicht bekannt war. Der grofse Mercator 
hat nicht nur das Gradnetz für die rechtweisenden Loxodromen er 
funden, er zuerst hat auch die richtige Erklärung der mifsweisenden 
mittelalterlichen Seekarten gegeben, vgl. den von mir in meinem 
Duisburger Vortrage veröffentlichten wichtigen Brief an Granvella, 
der der Aufmerksamkeit Nordenskiölds entgangen sein mufs. Mercator 
weist darin nach, dafs die mifsweisende Ost-Westloxodrome eine ge 
krümmte Linie ist, also nicht mit einem Breitenparallele zusammen 
fallen kann, dafs also in dem Falle, wo jene, wie auf den mittelalter 
lichen Seekarten, als gerade Linie ausgestreckt ist, dieser als ge 
krümmte Linie erscheinen mufs. Diese Thatsache allein genügt als 
Beweis dafür, dafs weder das Gradnetz der platten Karte, wie D’Avezac 
und Peschei behaupten, noch auch das von Nikolaus Donis, wie 
Nordenskiöld meint, irgendwie den mittelalterlichen Seekarten ange- 
pafst werden kann. Nur ein konisches Gradnetz würde sich einiger-
	        
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