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mafsen den loxodromischen Karten anschmiegen; aber gebaut sind sie
auch nach diesem nicht. Sie bilden unter allen Kartenprojektionen
ein besonderes System für sich. Ich kann mich an diesem Orte nicht
weiter auf die Streitfrage einlassen und mufs auf meine Arbeit im
2. Bande der Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie verweisen.
Nur eine andere sonderbare Äufserung Nordenskiölds möchte ich noch
mit zwei Worten besprechen. Wenn er es auf S. 131 Anm. für un
passend erklärt, den Namen Mercators ins Deutsche zu übersetzen, so
heifst das denn doch die Sache auf den Kopf stellen. Mercator ist
ja die lateinische Lbersetzuug des ursprünglich deutschen Familien
namens, und warum sollte man nicht feststellen, wie dieser eigentlich
gelautet hat, um so mehr als es galt, hierbei einen Irrtum zu berich
tigen? D’Avezac, wie andere mit ihm, betrachtete es als selbstver
ständlich, dafs der zufällige Geburtsort eines Mannes nicht dessen
Nationalität bestimmen kann; er bezeichnete Mercator deshalb als
geographe allemand und nannte ihn Gerhard Kaufmann, während sich
aus dem Archive der Stadt Duisburg ergeben hat, dafs der deutsche
Name der Familie Kremer gewesen ist. Aber ebensowenig wie man
Schwarzert für Melanchthon gebraucht, ebensowenig ist es jemandem
eingefallen oder wird es jemandem einfallen, statt des Namens Mer
cator den Namen Kremer einführen zu wollen. Nordenskiöld braucht
sich deshalb nicht zu beunruhigen.
Ich glaube nicht schliefsen zu dürfen, ohne mich wegen der von
mir gebrauchten deutschen Ausdrücke zu rechtfertigen. Ich stehe als
Lehrer erwachsenen jungen Leuten gegenüber, die ihrer Mehrzahl
nach aus der Volksschule hervorgegangen, also nicht gelehrt verbildet
sind, und es ist nun einmal nicht anders: für den schlichten Mann
hat ein Fremdwort immer etwas Geheimnisvolles. Er hat die ganz
richtige Ansicht, dafs sich ein einfacher, jedem zugänglicher Begriff
doch auch in deutscher Sprache ausdrücken lassen mufs, und dafs es
nicht zu loben ist, wenn man dafür ein Wort aus der Fremde holt.
Der deutsche Seemann, der immer nur von Breitenunterschied, Längen
unterschied, Zeitunterschied, Zwischenzeit spricht, versteht nicht, wes
halb die gelehrten Herren dafür die Bastardworte Breitendififerenz,
Längendifferenz, Zeitdififerenz, Zeitintervall gebrauchen; er begreift
nicht, warum das gute deutsche Wort Verunstaltung durch Deforma
tion ersetzt werden soll. Wenn unsere gelehrten Herrn mehr Fühlung
mit dem gemeinen Mann hätten, so würden sie wissen, dafs es für
diesen geradezu ein Bedürfnis ist, für eine einfache Vorstellung auch
ein einfaches deutsches Wort zu haben. Darüber, dafs solche Be
griffe, die nicht im Bewufstsein des schlichten Mannes vorhanden,
sondern erst durch die Wissenschaft geschaffen und deshalb international
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