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Erster Teil. Perspektive der Lage.
Ist (Fig. 101) B ein Pol und A seine Berührungssehne und mithin Polare, so
sind auf dem beliebigen Strahle 93aa, die vier Punkte B, b, a, a, harmonisch. Lassen
wir 93 a, sich um B herumdrehen, so bleibt b auf
der Geraden A. Nähert sich b der Kreisperi
pherie , so rücken a und a, immer näher zu
sammen, bis sic im Berührungspunkte q oder
p mit diesem zusammenfallen.
Wenn aber B sich dem Kreise nähert, etwa
auf dem Strahle a, so kommt die Berührungs
sehne oder Polare ihm entgegen, bis endlich B
den Kreis trifft und die Polare in die Tangente
^4 übergegangen ist.
Entfernt sich aber B vom Kreise, so rückt
auch die Berührungssehne oder Polare fort, und
ist B in die Unendlichkeit gerathen, so geht die
Polare durch den Mittelpunkt des Kreises, was
nicht blos daraus erhellt, dass die Berührungs
sehne für einen unendlichen fernen Punkt ein
Durchmesser des Kreises sein wird, sondern auch daraus, dass jetzt der dem un
endlich fernen zugeordnete harmonische Punkt alle Strecken wie aa, halbieren muss.
Rückt dagegen B ins Innere des Kreises, so liegt die Polare ausserhalb, und wenn
B im Mittelpunkte sich befindet, so ist seine Polare die unendlich ferne Gerade, die
auch wieder ohne Richtung erscheint, da sic gegen jeden Durchmesser senkrecht
steht. Offenbar bilden zwei senkrecht aufeinander stehende Durchmesser und die un
endlich ferne Gerade ein harmonisches Tripelseit, und jede zwei unendlich ferne Punkte
(in senkrechten Richtungen vom Centrum aus) bilden mit dem Mittelpunkte ein har
monisches Tripeleck. Zur Konstruktion beliebiger »drei harmonischer Geraden oder
Punkte« genügt es, vier Punkte im Kreise anzunehmen und die drei Diagonalecken
zu zeichnen, die ein Tripeleck bilden. Mit irgend vier Tangenten findet man das
Tripelseit.
Kap. 3. Fol und Polare für Kegelschnitte.
Kehren wir nun zu unseren perspektivischen Zeichnungen zurück, um die
erkannten Gesetze auf alle Kegelschnitte zu übertragen. In der Bildfläche denken
wir uns einen beliebigen Kreis, ferner einen Punkt £ oder t) innerhalb oder
ausserhalb und deren Polaren X oder Y. Vom Auge % aus projicieren wir
diese Elemente. Der Kreis erzeugt einen Kegel, der Punkt £ oder 1) einen
Strahl, die Polare X oder Y eine Ebene. Letztere können wir die Polarebene
zum Strahle in Bezug auf den Kegel nennen.
Denkt man sich in der Bildfläche irgend eine Linie durch £ gezogen, die
den Kreis in zwei Punkten a und b und die Polare in t) schneidet, so haben
wir vier harmonische Punkte. Die vier nach diesen Punkten gerichteten Pro
jektionsstrahlen sind also auch vier harmonische Strahlen. Schneiden wir
nun den Kegel und diese Strahlen durch eine beliebige Ebene, so wird dem
Kegelmantel ein gewisser Kegelschnitt entsprechen, während die vier harmo
nischen Strahlen, die in einer Ebene liegen, vier harmonische Punkte er
zeugen, von denen zwei, a f und b' notwendig in der Peripherie des erzeugten