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Erläuterung der Tafeln Sternwarten I—IIL. II
von einem Heliostaten das Sonnenlicht empfängt,
währendam Okularende eine photographische Kamera
sich befindet. Dasausdrei Crownglaslinsen bestehende
Objektiv von Steinheil, das sowohl die optischen als
auch die chemisch wirksamen Strahlen vereinigt, hat
16cm Öffnung und 4m Brennweite; besondere Lin- |
sensysteme ermöglichen eine Vergrößerung des Fokal-
bildes der Sonne bis auf 30 em Durchmesser, Neben
dem Hauptbeobachtungsturm befinden sich im Haupt-
geschoß des Südflügels chemische und physikalische
Laboratorien sowie solche für spektralanalytische und
photographische Arbeiten.
Im westlichen Beobachtungsturm hat ein Refrak-
tor von Grubb mit 20,3 em Öffnung und 3,2 m Brenn-
weite seine Aufstellung auf einem Steinpfeiler, der
den Innenraum des Turmes bis auf die Treppe aus-
füllt. Dieses Instrument wird namentlich in Verbin-
dung mit einem Zöllnerschen Astrophotometer ge-
braucht. Im östlichen Turm ist ein Astrophotometer
von Wanschaff aufgestellt. (Abbildung und Beschrei-
bung s. Tafel Astrophysikalische Instrumente.) Je-
der der drei Beobachtungstürme ist durch eine dreh-
bare Kuppel mit verschließbaren Spalten bedeckt;
der Durchmesser beträgt bei der Kuppel des Haupt-
turmes 10, bei jedem der Seitentürme 7 m. Aufder
Nordseite jedes Seitenturmes ist ein quadratischer
Vorraum mit Holzlaube zur Aufstellung von Ther-
mographen und andern meteorologischen Instrumen-
ten angebracht. Getrennt vom Hauptgebäude hat in
einem besondern kleinen Turme der photographische
Refraktor von Repsold Aufstellung gefunden (Abbil-
dung und Beschreibung s. Tafel Astrophysikalische
Instrumente), und südlich vom Hauptgebäude steht
das Kuppelgebäudefür den großen Doppelrefraktor für |
optische, spektroskopische und photographische Beob-
achtungen, bei dem das optische Fernrohr ein Ob-
jektiv von 50 em Öffnung und 12,; m Brennweite,
das photographische Fernrohr ein solches von 80 em
Öffnung und 12 m Brennweite hat. Dieses Instrument |
ist der größte Refraktor Deutschlands (Abbildung
und Beschreibung s. Tafel Aguatorial IT).
Von Interesse ist noch die Brunnenanlage, die zu-
gleich für wissenschaftliche Zweke nutzbar gemacht
worden ist. Der 48 m tiefe Brunnenschacht, dessen |
Oberkante 42,6 m über dem mittlern Spiegel der Ha-
vel liegt, hat 3,5 m lichten Durchmesser, 0,5 m Wand-
stärke über und O,e&« m unter Wasser. In ihn hin-
unter führt bis zum Wasserspiegel eine Wendeltreppe
aus Sandstein, von der aus man in 24 m unter Tag
in einen unterirdischen, etwa 8 m langen Beobach-
tungsraum von elliptischem Querschnitt und 2 m
größter Breite bei 2,75 m Höhe gelangt. Von ihm aus
gehen zwei vertikale Röhren nach oben, um Luft und
Licht zuzuführen. In verschiedenen Tiefen sind fer-
ner in die Brunnenwand sechs dicht schließbare Kup-
ferröhren eingesenkt, die etwa 1 m in das Erdreich
gehen und zur Aufnahme von Thermometern bestimmt
sind. Der Brunnen ist mit starken Glasplatten be-
deckt und mit einem mit Oberlicht versehenen Brun-
nenhäuschen überbaut. Vom Brunnen aus wird das
Wasser durch eine Präzisionspumpenach den 225 cbm
fassenden, zwischen Brunnen und Maschinenhaus be-
findlichen Sammelbehältern befördert, von wo aus es
durch eine Schieberpumpe nach dem Druckgefäß im
Wasserturm gehoben wird. Die zu den Pumpen ge-
hörige Dampfmaschine befindet sich in dem Maschi-
nenhaus,
| Geschichte der Sternwarten.
Die Astronomen des Altertums mit ihren einfachen
Beobachtungsinstrumenten hatten keine eigentlichen
| Sternwarten, wohl aber treffen wir solche bei den
| Arabern. So errichtete der Kalif Almamum (813
bis 833) in Bagdad und die Kalifen Aziz und Hakem
im nächsten Jahrhundert in Kairo Sternwarten, die
mit Astrolabien 5 Armillarsphären und Quadranten
ausgerüstet wurden. Im 13. Jahrhundert gründete
der Mongolenfürst Ilek Chan in Meragah (Persien)
eine großartige Sternwarte, an der Nassir Eddin er-
folgreich tätig war. Im 15. Jahrhundert entstand die
Sternwarte von Ulugh Begh in Samarkand, die den
| größten existierenden Quadranten enthielt. Zur glei-
chen Zeiterstand auch dieerste Sternwarte in Deutsch-
land, die der Nürnberger Patrizier Walther auf Ver-
anlassung von Regiomontan in seiner Vaterstadt er-
richtete und mit kostbaren Instrumenten ausrüstete,
1561 errichtete der Landgraf Wilhelm IV, von Hessen
eine Sternwarte auf einem Turm in Kassel, dessen
oberer Teil sogar drehbar war. Alle diese Sternwar-
ten wurden jedoch übertroffen durch die prächtige
»Uranienborg«, die Friedrich II, von Dänemark 1576
für Tycho Brahe auf der Insel Hveen im Sund er-
richtete, und an der Tycho während 21 Jahre die
wichtigsten und genauesten Beobachtungen anstellte,
Hier wurde zuerst ein Mauerquadrant aufgestellt (Ab-
bildung und Beschreibung s. Tafel Astronomische
Instrumente IV) sowie sehr genaue Armillarsphären
| (Abbildung s. d.) von Tycho errichtet. Anus dem 17.
| Jahrhundert ist noch die von Hevel in Danzig 1641
| gegründete Sternwarte zu erwähnen, die jedoch 1679
| den Flammen zum Opfer fiel.
Unter den größern jetzt noch bestehenden Stern-
ı warten ist die Pariser die älteste, die 1667 auf An-
regung von Picard und Auzout erbaut wurde. Di-
| rektor derselben wurde Dom. Cassini, dem sein Sohn
ı Jacques Cassini und sein Enkel C&sar Francois Cas-
sini de Thury folgten. Dann übernahmen die Direk-
tion Lalande, Bouvard, Arago, Leverrier, Delaunay,
ı Mouchez, Tisserand und seit 1896 Loewy. Das In-
| teresse der Schiffahrt und speziell das Problem der
Längenbestimmung zur See gab in England den An-
laß, 1675 die große Sternwarte zu Greenwich zu er-
richten, zu deren Direktor mit dem Titel »König-
licher Astronom von England« Flamsteed berufen
wurde, ihm folgten Halley, Bradley, Bliß, Maskelyne,
Pond, Airy und seit 1881 Christie.
Die Einführung des gregorianischen Kalenders gab
1706 Anlaß zur Errichtung einer Sternwarte in Ber-
lin, an der unter andern Kirch, Bode und Encke wirk-
ten. 1832 wurde eine neue Sternwarte von Encke
erbaut, dem 1863 Förster, 1903 H. Struve folgten.
Im 18. und 19. Jahrhundert entstanden dann zahl-
reiche Sternwarten, in den letzten Jahrzehnten na-
mentlich in Nordamerika, die fast durchgängig mit
vortrefflichen und großen Instrumenten ausgerüstet
wurden. In Nordamerika sind alle Sternwarten, mit
Ausnahme der Marinesternwarte in Washington, aus
privaten Mitteln erbaut worden, in Europa überwiegen
die staatlichen Sternwarten, Deutschland hat nur zwei
Privatsternwarten (Jena und Bothkamp) und zwei
aus Stiftungen gegründete (Düsseldorf und Bamberg).
Die Gesamtzahl aller Sternwarten dürfte jetzt 300 er-
reichen, während sie am Anfang des 19. Jahrh. nur
130 betrug. Das folgende Verzeichnis (8. IV) gibt die
| bedeutendsten Sternwarten der Gegenwart an.