B. Kritik des heut. Bestehens. Gesetzgebung. §. 12. 163
seitigung jener Ofsicialthätigkeit wäre offenbar der gewesen,
lediglich von der Ofsicialthätigkeit bei Bestrafung
der geringfügigeren Körperverletzungen vor dem öffentli
chen Forum Umgang zu nehmen.
Die juristische Rechtfertigung des eben anempfohlenen
Priticips liegt darin, daß die Beibehaltung des Jnquist-
tionsprinzips bei den unbedeutendsten Ausläufen der straf
rechtlichen Reale — den sogenannten Bagatellsachen des
Strafrechts — eine Absurdität enthielte. Eine Verfol
gung des Jnquisitionsprinzipes in seine äußersten Con-
sequenzen hieße, das Bestehen der öffentlichen Rechtsord
nung oder des Wohles des Staates von einem mini-
mum, — wenn man will, von der unbedeutendsten Ver
letzung des kleinen Fingers eines Staatsangehörigen ab
hängig, oder die Einleitung einer Strafuntersuchung ex
oklleio Lei der unbedeutendsten Entwendung selbst eines
Hellers für nothwendig erklären. — Einen ähnlichen Be
leg für die Unzweckmäßigkeit der Verfolgung von Proceß
grundsätzen bis an die äußersten Grenzlinien bieten die
neueren Gesetzgebungen im Civilprocesse. Auch hier
wird die Verhandlungsmaxime bei den unbedeutenderen
Fällen — den Bagatellsachen — nicht rein beibehalten,
sondern mindestens durch Zuhülfenahme der Untersuchungs
maxime weit mehr abgeschwächt, als bei dem Verfahren
für bedeutendere Civilstreitigkciten. Es erscheint somit
nicht minder richtig, auch bei der öffentlichen Bestrafung
der unbedeutenderen Körperverletzungen, in welchen bis
her eine Schmerzengeldklage statthaft war (ebenso wie bei
der Reform der Injurien) statt des Jnquisitionsprincipes
dem „Accusativ ns Prinzip" den Vorzug zu geben.
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