C. Natur der Klage. §. 14.
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I. Nichtbegründung in den ältesten deut
schen Rechten. — Man kann vor allem nicht sagen,
daß die Quellen des älteren deutschen Rechtes selbst eine
andere Ausfassung des vorliegenden Rechtsverhältnisses
enthalten und die Compositionen selbst schon als Ersatz
forderungen betrachtet haben. Die für das Dogma eines
ausgebildeteren Rechts unumgänglich nothwendigen Unter
scheidungen der Grundbegriffe von Ersatz und Strafe
waren in dem ersteren noch nicht als prinzipielle Gegen
sätze ausgeschieden, und es konnten deßhalb auch die Be
griffe von Buße, Wergeld, Schmerzgeld u. s. w. noch
nicht nach diesen beiden Gattungsbegriffen unterschieden
sein. Selbst nachdem man diese beiden Gattungsbegriffe
aus dem röm. Rechte kennen gelernt hatte, bestand noch
längere Zeit zwischen Juristen und Schöffen Meinungs
verschiedenheit über das Verhältniß der altdeutschen Rechts
institute zu denselben; insbes. auch zw. d. Juristen Carp-
zov und Schiller 2 ). Es entscheidet daher hier, um
an das vorliegende Rechtsinstitut den Maßstab der römi
schen Unterscheidungen zwischen Ersatz und Strafe anlegen
zu können, ausschließlich das Wesen des Rechtsinstituts
in seiner ursprünglichen Gestalt als Privatbuße, wie es
uns die Geschichte der letzteren vor Augen führt.
Allerdings erscheinen diese Compositionen ursprünglich
als ein Loskauf von der Privatfehde. Allein hiedurch
winde nicht ein Äquivalent für Schmerzen, sondern ein
Surrogat für die Selbstrache — eine an den Verletzten
zu zahlende wirkliche Geldstrafe anstatt der durch die
2) Vgl. Lcliilteri Praxis exere. 19 8- 33.