D. Kasuistik. §. 23.
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sich zu der eben berührten römischen Regel das reine ge
meine Recht? Ist diese römische Regel ans das Schmer
zengeld analog übertragbar?
Es ist hier nicht nothwendig, weit auszuholen und
zu versuchen, ob es gelingt, in der Geschichte den that
sächlichen Grund ausfindig zu machen, welcher der römi
schen Regel zu Grunde lag. Nach den in dem ersten Ab
schnitte (§. V zu 1) berührten Regeln der Construktion
führen hier reine Rechtsgründe allein schon zum gewünsch-
teu Ziele. Es fragt sich bei der vorliegenden Entscheidung
einfach: ist die römische Regel aus inneren Rechtsgründen
singulär, oder nicht? — Es dürfte das erstere anzuneh
men, und hier die analoge Anwendbarkeit jener röm. Re-
gel auf die einheimische Schmerzengeldklage zu bestreiten
sein. — Nach inneren Nechtsgründen ist nicht abzusehn,
warum eine eulpose Körperverletzung keiner Strafe unter
liegen sollte. Die Schmerzengeldklage ist eine Civilklage
wegen Körperverletzungen. Wie sich im Criminalrechte
aus der römischen injuria ein besonderes Delikt der Kör
perverletzung herausgebildet hat, so hat sich heutzutage im
Civilrechte aus demselben röm. Institute diese besondere
Privatpönalklage wegen „Schmerzen in Folge von Kör
perverletzungen" gebildet. Hier ebensowenig, wie im Cri-
minalrecht, ist ein innerer Grund vorhanden, die culpa
straflos zu halten: denn gewiß wird derjenige, der einen
Dritten auf schuldhafte Weise durch einen Schuß ge
fährlich verletzt, oder demselben eine sonstige bedeutende
Verletzung culposer Weise zufügt, unter Umständen weit
strafbarer erscheinen, als derjenige, welcher doloser
Weise eine völlig unbedeutende, wenn auch schmerzhafte
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