Es wird hiebei ersichtlich, daß bei dem überlieferten
Institute die Geschichte ^) nicht blos dazu dient, unserm Ge
sichtskreis eine „Perspektive" oder — wie insbesondere den
ausschließlich in der Praxis sich bewegenden Juristen
entgegenzuhalten sein möchte — einen „blos gelehrt-theo
retischen" Nutzen, oder endlich blos jenen legislativen
Vortheil zu gewähren, den die Geschichte allenfalls mit
der vergleichenden Rechtswissenschaft gemein hätte. Im
Gegentheil wird in den überlieferten Instituten des ein
heimischen Rechts die geschichtliche Behandlung des-
Dogma auch für die Folge den berührten, unmittel
bar praktischen Nutzen gewähren und darin den schön
sten ihrer Triumphe zu feiern haben, daß dieselbe zur
steten Beseitigung des oft nur scheinbar positiven heu
tigen Rechts mitwirken, und durch fortwährende Ausschei
dung der nicht wenigen abgestorbenen Elemente dem Or
ganismus des heutigen positiven Civilrechts neue Le
bensfrische zuführen wird.
In dem vorliegenden Punkte stößt zugleich die Behand
lung auf eine wesentliche Verschiedenheit zwischen den
beiden Einganges erwähnten Gruppen des einheimischen
Rechts: Während die üb erlieserten Institute des ein
heimischen Rechts das Bedürfniß einer derartigen allgemei
nen Kritik mit dem römischen (weil gleichfalls in der Vorzeit
entstandenen) Rechtsinstituten vollkommen gemein haben, 3
3) Natürlich bat auch in den hier gegebenen beiden Fällen (1
und 2) die rechtsgeschichtliche Kritik jene Uebermaße ferne zu halten,
vor welchen v. Savigny bereits längst gewarnt. Zeitschrift f. gesch.
Rechtswissensch. I S. 15.