Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Kartographie als Wissenschaft. 
Wie nicht anders zu erwarten, krankt die private Kartographie der Vereinigten 
Staaten an den gleichen Fehlern wie die Großbritanniens. Ein in Amerika seinerzeit 
viel beachtetes Werk war Monks Neue Karte von Amerika 1 , die lange Zeit den 
Landkartenmarkt des Alltags beherrschte. Es bleibt unverständlich, wie selbst bei 
Karten des eigenen Landes die Bodenunebenheiten so mangelhaft, in manchen Teilen 
überhaupt nicht dargestellt worden sind wie auf der Monkschen Karte; bespielsweise 
ist darauf das ganze Plateau von Mexiko auf eine kaum durch zwei Längengrade und 
einen halben Breitengrad sich ausdehnende Erhebung nordwestlich von Acapulco 
zusammengedorrt. Gegen die Schrift ist nichts einzuwenden, das politische Kolorit 
jedoch scheint sich des Guten nicht genug zu tun, denn jede der Bahamainseln trägt eine 
andere Farbe. Bei der Besprechung von Crams Atlas of the world, ancient and mo 
dern, Chicago 1902, spricht A. Supan von einer „haarsträubenden Gebirgsdarstellung.“ 1 2 
Der Atlas leidet an den gleichen Fehlern wie die Karte von Monk, bezüglich des Terrains 
sind die außerunionistischen Länder gar nicht und das eigene Land kaum zu erkennen. 
Für solche Machwerke ist die Bezeichnung „atavistisch“ noch zu gelinde. Der Geschmack 
der Bewohner der Vereinigten Staaten scheint noch weniger als der der Engländer ver 
wöhnt zu sein. Im übrigen sind die Karten, die den wertvollem amerikanischen Publi 
kationen beigegeben werden, klar und schön im Druck, nur nicht in der Gelände 
darstellung, mit der die Amerikaner nicht zu Fache kommen. Die Bearbeitung und 
Herstellung der offiziellen Karten stehen wegen ihrer Sorgfalt und Schönheit in 
Stich und Farbengebung in krassem Gegensatz zu den privaten Erzeugnissen. 
Von der außereuropäischen Kartographie ist Eigenartiges und Hervorragendes 
kaum zu berichten. Die Europäisierung der Erde dokumentiert sich auch auf karto 
graphischem Gebiet. Wo wir anscheinend selbständigen Arbeiten begegnen (Argen 
tinien, Chile, Bolivien usw.), sind sie europäischen Ursprungs oder von Europäern, 
vielfach Deutschen 3 , in dem betreffenden Lande gearbeitet. Wo Einheimische die 
Hand im Spiel haben, geht die Geländedarstellung nicht selten ins Groteske über. 4 
Auch die japanische Kartographie ist, wie ich nach den wenigen amtlichen und 
privaten Karten, die mir zu Gesicht gekommen sind, urteilen kann, von der europäischen 
abhängig und scheint zu keinen besonders eigentümlichen und kartographisch-wissen 
schaftlich nennenswerten Leistungen vorgedrungen zu sein. 5 
1 Monks „New American Map exliibiting the larger portion of North America, embraeing 
the United States and Territories, Mexico and Central America, including the West India Islands, 
the Cañadas, New Brunswick and Nova Scotia.“ Compiled from recent Government surveys and 
other authentic sources. Baltimore, J. Monk 1857. 1:3650000. 
2 A. Supan in P. M. 1903. LB. S. 1. 
3 Ich denke hier an die argentinischen Karten von L. Brackebusch. 
4 Vgl. „Plano topográfico y geológico de la República de Chile“, Levantado por orden del 
gobierno bajo la -dirección de A. Pissis. 1:250000. [U.-B¡. Gött.] 
5 Ihr Nachahmungstalent haben die Japaner auch in der Kartographie schon längst bezeugt. 
Ph. F. v. Siebold (Nippon, Archiv f. Beschreibung Japans. 1832—1851. Bd. I mit Taf.) besaß eine 
von einem Hofastronomen in Kupfer gestochene Karte, die sich außer auf japanische, chinesische 
und koreanische Karten auch auf russische und altportugiesische stützte.
	        
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