Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Internationale Aufgaben und Weltkartenprobleme. 
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Das Projekt hat viel Anfeindungen erfahren, besonders von namhaften Karto 
graphen und Geographen der Perthesschen Anstalt in Gotha, von R.Lüddecke 
und H. Habenicht 1 angefangen bis auf Supan. Selbst H. Wagner gehört in ge 
wissem Sinne hierher, noch auf dem VII. Internationalen Geographenkongreß be 
kennt er sich offen als Gegner der Pencksehen Weltkarte. In dem Bericht über 
den Kongreß sagt A. Supan in Petermanns Mitteilungen 1 2 , daß es Pencks Plan 
nur zu einem Achtungserfolg gebracht habe, insofern nur die Anfertigung eines Netz 
entwurfes von dem Kongreß beantragt wurde; er fährt sodann fort: „Wir sind über 
zeugt, daß es hei diesem Entwürfe verbleiben wird.“ 
Der entschiedenste Gegner, auch heute noch, ist J. Frischauf 3 , der außer 
einer Reihe sachlicher Gründe, denen man beistimmen muß, und die zum Teil 
jetzt behoben sind, dem Projekt gegenüber ins Feld führt, daß es zwecklos sei. Als 
Geograph erscheint mir die Karte sehr zweckdienlich, nicht bloß, daß man einmal 
eine klare Einsicht in die Gebiete erhalten wird, die topographisch und geographisch 
intensiver zu erschließen sind, sondern auch, daß man brauchbare Messungen hei dem 
gewählten Maßstab gerade noch vornehmen kann, und daß vor allem die Grundlage 
zu vielerlei Karten, selbst für angewandte geschaffen wird. Daß die Weltkarte sich als 
Kriegsoperationskarte bewährt hat, werden wir gleich noch besonders hervorzuheben 
haben. Der größte Fehler hei der Realisierung des Projektes war, und hierin muß 
man Frischauf unbedingt beipflichten, daß das Projekt von Gelehrten vertreten 
wurde, die mit kartographischen Dingen recht wenig bisher zu tun hatten. 4 
Von seiten des Auslandes wurde zunächst in Rußland und später in Frankreich 
dem Weltkartenprojekt weitgehenderes Interesse entgegengebracht. Namentlich 
wirkte in Rußland A. Tillo für das Verständnis und die Verwirklichung des Projektes 
durch Wort und Schrift. 5 In Frankreich beschäftigte sich Berthaut mehr platonisch 
mit dem Projekt und analysiert nur die von Penck vorgeschlagene kegelstumpfige 
oder polykonische Polyederprojektion, die bereits von den Vereinigten Staaten an 
gewendet wird. 6 Daran schließt er weitere Betrachtungen über die Anwendung eines 
ähnlichen Projektionssystems für französische Karten in verschiedenen Maßstäben. 
Die beschleunigte Herausgabe der Weltkarte möchte ich als ein Postulat der 
1 Über die Auseinandersetzung von Penck mit Lüddecke und Habenicht vgl. „Ausland“ 
1891 und 1892. 
2 A. Supan: Der 7. internationale Geographenkongreß zu Berlin, 28. Sept. bis 4. Okt. P. M. 
1899, S. 288. 
3 J. Frischauf: Die mathematischen Grundlagen der Landesaufnahme und Kartographie 
des Erdsphäroids. Stuttgart 1913, S. 189—192. — Beiträge zur Landesaufnahme und Kartographie 
des Erdsphäroids. Leipzig und Berlin 1919, S. 170—173. 
4 Ist es nicht merkwürdig, daß auf der internationalen Weltkartenkonferenz von den Geo 
graphen nur die intimsten wissenschaftlichen Freunde Pencks geladen waren, nicht aber ein wirklicher 
Fachmann, der von den Kartenprojektionen etwas Richtiges verstanu, kein Fachmann, der im 
kartographischen Beruf groß geworden war, überhaupt kein Geograph, von dem man hätte behaupten 
können, daß er kartographisch etwas Hervorragendes geleistet habe. Dann wird uns auch das herbe 
Urteil von Frischauf verständlich: „Statt dessen erscheint die Anregung zur Weltkarte nur als 
Ausfluß von Unkenntnis vereint mit der Eitelkeit, Urheber eines großen Projektes zu sein.“ 
5 Besonders in den Veröffentlichungen der Russischen Geogr. Ges. in Petersburg, wo er im 
Band XXVIII die russische Übersetzung der ersten Veröffentlichungen Pencks über dies Weltkarten 
projekt gibt, wie auch die Gegenmeinungen von R. Lüddecke und H. Habenicht aus dem „Aus 
land“ 1891, 1892. 
6 Berthaut: La Carte de France. Etüde histonque. II. Paris 1899, S. 337ff.
	        
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