Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Kartographie als Wissenschaft. 
rufe ich den Karten Verfertigern jener Blätter zu: Hand weg von dem Kartenwerk, 
das versteht Ihr nicht zu meistern! 
Zu diesem Urteil haben mich durchaus nicht chauvinistische Gründe geführt, 
wie manche annehmen könnten, sondern rein objektive Erwägungen. Traurig ist es, 
wenn man feststellen muß, daß ein gut Teil der Schuld die Deutschen selbst betrifft, 
besonders, daß es an der mangelnden Initiative der preußischen Landesaufnahme 
gefehlt haben soll; denn bitter klingt es, was A. Penck schreibt: „Wer endlich der 
Weltkartenkonferenz 1913 beigewohnt hat, wird sich lebhaft daran erinnern, wie fremd 
die Aufgaben einer Karte 1 : 1000000 dem damaligen Chef der preußischen Landes 
aufnahme lagen. Er stand mit seinen Ansichten vielfach ganz allein, während die 
übrigen deutschen Vertreter aus zwingenden sachlichen Gründen leider nicht mit ihm 
gehen konnten, so daß England und Frankreich die Führung in die Hand bekamen.“ 1 
Dieser schwere Vorwurf Pencks kommt allerdings reichlich post festum (1913! — 1920!). 
Warum hat dies Penck nicht vor dem Kriege zum Ausdruck gebracht? Warum hat 
er nicht die deutsche Geographen- und Kartographenwelt seiner Zeit mobilisiert ? 
Das ist doch merkwürdig. Aber da hätten vielleicht Sachverständigere das Wort 
ergriffen und das Werk wäre sicherlich für Deutschland — gerettet worden. Das sind 
verpaßte Gelegenheiten, die nicht oder kaum wieder gut zu machen sind. Betrachten 
uns ja die Engländer bereits von der Mitarbeit an diesem Kartenwerk als aus 
geschlossen. 1 2 Ihnen konnte es tatsächlich beim Ausbruch des Krieges mehr als will 
kommen sein, daß das Projekt der Weltkarte soweit gefördert worden war — aus 
eigner Intuition und eigner kartographischen Befähigung und Kraft hätten sie es 
schwerlich gekonnt —, um sich auf Grundlage der Vorarbeiten dieser Karte bequem 
eine Operations- und Übersichtskarte in 1 : 1000000 für das Kriegsgebiet zusammen 
zustellen. 3 Neben der internationalen Benutzbarkeit wußten die Engländer gar wohl 
dem Werke einen nationalen Anstrich zu geben. 4 In der Hauptsache mußten deutsche 
Kartenwerke herhalten, wie die österreichische Karte 1 : 750000 und die H. Kiepert - 
sehe Karte von Kleinasien, um die englische neue Karte mit Inhalt zu füllen. 5 Im 
wesentlichen ist sie die geplante internationale Weltkarte, obwohl Oberst C. F. Close, 
der Direktor des Ordnance Survey besonders betont, daß das Werk nicht die inter 
nationale Karte sei, sondern nur ein Sprößling vor ihr, sie sei durchaus national, 
nicht international. Er ist der Überzeugung, „daß nach dem Kriege alle Kulturländer 
sehr gerne bereit sein werden, den großen Plan einer Weltkarte weiter zu fördern.“ 
Auf diese Weiterförderung sind wir in der Tat sehr gespannt. 
43. Die Kartographie als Kulturmesser. Das Internationale Kartographische Archiv. 
Am Schluß meines Ausblicks auf die Zukunft kartographischer Betätigung angelangt, 
möchte ich nochmals hervorheben, daß die Neuschaffung von Kartenwerken und die 
Vertiefung des vorhandenen Kartenmaterials und dessen historisch-kritische Er- 
1 A. Penck: Landesaufnahme und Reichsvermessungsamt. Z. d. Ges.f. Erdk. Berlin 1920, S. 173. 
2 Geographieal J. 1920, LV, S. 47. 
3 M. Eckert: Die Kartographie im Kriege. G. Z. 1920, S. 282. 
4 Das englische Kriegskartenwerk 1:1000000 stand unter der Leitung von A. R. Hinks, 
dem Sekretär der Royal Geographieal Society; die Oberaufsicht führte Oberst W. C. Hedley, der 
Chef der geograph. Sektion des Generalstabes. Die Vervielfältigung erfolgte teils beim War Office 
teils beim Ordnance Survey. 
5 Hierüber spricht ausführlicher A. Merz, auch über französ. Kriegskarten 1:1000000 in 
Z. d. Ges. f. Erdkde. zu Berlin. 1915, S. 455 —462.
	        
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