Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Kartographie als Wissenschaft. 
graphischen Standpunkt Europas, die ich hier bereits gewürdigt habe (S. 18). Ein 
großes Verdienst war es von H. Wagner, daß er die Spalten des Geographischen 
Jahrbuches einer regelmäßigen Berichterstattung über den Fortschritt in der offi 
ziellen wie privaten Kartographie eröffnete; die Referate von M.Heinrich, E.Hammer, 
A. Marcuse, H. Haack sind ausgezeichnete kritische Zusammenstellungen und 
-fassungen kartographischer und verwandter Erscheinungen. Bedauerlich ist, daß 
die kartographischen Monatsberichte von H. Haack, die 1908 in Petermanns 
Geographischen Mitteilungen zu erscheinen begannen, wieder zu einem kümmerlichen 
Dasein eingeschrumpft sind. Um so erfreulicher ist es, daß H. Praesent beginnt, 
in der Leipziger Deutschen Bücherei wenigstens die deutschen Karten, die jetzt er 
scheinen, vollständig zu sammeln und für eine gewissenhafte Herausgabe der Karten 
titeldrucke zu sorgen. 1 
Nicht allein in Deutschland hat man die Lücke der fehlenden Kartenindizes 
und Kartenkritiken empfunden, sondern auch in andern Staaten; jedoch ist man 
daselbst bei der Aufstellung von Übersichten lange nicht so kritisch und umfassend 
wie in Deutschland zu Werke gegangen. In den Mitteilungen der Geographischen 
Gesellschaft in Wien begegnen wir noch vor 1900 drei Aufsätzen über die amtliche 
Kartographie von den europäischen Staaten aus der Feder von K. v. Haradauer. 
Wertvoller sind die Aufsätze von V. Haardt v. Hartenthurn über die militärisch 
wichtigsten Kartenwerke der europäischen Staaten in den Mitteilungen des k. u. k. 
Militärgeographischen Institutes in Wien, dessen umfangreichster 1907 erschien. An 
läßlich der Pariser Weltausstellung von 1878 schrieb A. Grandidier einen weit be 
achteten Report über die daselbst ausgestellten Karten. 1 2 In Frankreich referieren unter 
anderm die Annales de Géographie über neue Kartenwerke. Nach dem III. Inter 
nationalen Geographenkongreß zu Venedig im Jahre 1881 wurde uns ein ausführlicher 
kartographischer Bericht von G. M. Wheeler beschert. 3 Das Geographical Journal in 
London ist ein fleißiger Berichterstatter über neu erschienene Karten; selbstver 
ständlich stehen die englischen Neuerscheinungen im Vordergrund. 
Überblickt man die vielen Versuche, muß ihr redliches Bestreben anerkannt 
werden, soweit wie möglich vorhandene Lücken auszufüllen und zu orientieren. Sieht 
man genauer hin, so bleiben sie doch alle nur Stückwerk. Es ist eben unmöglich, die 
Materie vollständig zu beherrschen. Ganz ausgeschlossen ist, daß sie ein einzelner 
zu bewältigen vermag. Zuletzt ist es auch nicht notwendig, daß heute jede Karte 
des In- und Auslandes genannt und gekannt wird. Aber wie alsdann die richtige Aus 
wahl treffen? Ich denke mir, daß hier ein Internationales Kartographisches 
Archiv Abhilfe schaffen kann, ein Organ, das nicht bloß über den jeweiligen Stand 
der kartographischen Kenntnis der betreffenden Teile der Erde unterrichtet, sondern 
auch neben der Kritik wichtiger Karten und den Leitlinien und Arbeitsmethoden 
neuer Kartenwerke vor allem Proben neuer, die kartographischen Probleme fördern 
den Karten, sowohl der öffentlichen wie der privaten Kartographie, bringt. 
1 H. Praesent: Kartentiteldrucke und Kartenbibliographien. Börsenbl. f. d. Deutschen 
Buchhandel. 1920, S. 1089—1093. — Die Aufgaben der Kartensammlung der Deutschen Bücherei. 
Beiträge zur deutschen Kartographie. Leipzig 1921, S. 7—12. 
2 A. Grandidier: Exposition universelle internationale de 1878 à Paris. Rapport sur les 
cartes .... Paris 1882. 
3 G. M. Wheeler: Report upon the third International Geographical Congres and Exhibition 
at Venice, Itali, 1881. Washington 1885.
	        
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