Namen und Systeme der Projektionen.
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anfechtbar sind 1 , in pol-, äquator- und zwischenständig um. 1 2 Breusing spricht nicht
von Projektionen, sondern von Gradnetzentwürfen. Meiner Meinung nach kann man
neben ,,Projektion“ ebensogut von „Entwurf“ wie von „Netz“ sprechen, indem
man stillschweigend den Ausdruck „Karten“ vornwegsetzt. Nicht recht verständlich
ist, w T arum sich W. Jordan gegen den Ausdruck „Entwurf“ wandte 3 , war er doch
seihst nicht peinlich bei der Wahl von Ausdrücken, die er solchen Dingen zu geben
pflegte. 4 Auch das Wort „Kartennetz“ dürfte nie zu Irrtümern führen. Da wir von
„Gradnetz, Flußnetz, Wegenetz“ sprechen, liegt aber durchaus kein Grund vor, nun
die gesamte Situation als „Netz“ zu bezeichnen, wie es K. Oestreich auf einer
Übersichtsskizze der oro-hydrographischen Verhältnisse von Makedonien getan hat. 5
E. Bourgeois und Ph. Furtwängler, überhaupt die Geodäten sprechen kurzweg
von „Abbildung.“ 6
Weiter verdanken wir Breusing die heute ganz allgemein üblichen Ausdrücke
„flächentreu“ für äquivalent, isomer (Lambert), authalique (Tissot) und „winkel
treu“ für konform (Gauß), autogonal (Tissot), isogonal, orthomorph. Auch seine
Verdeutschung für orthographisch oder orthogonal durch „reifentreu“, für zenitale
Projektion auf einen Meridian einfach durch „speichentreues Netz“ läßt sich hören.
Für speichentreu haben wir durch W. Schjerning die bessere Bezeichnung „mitt
abstandstreu“ erhalten 7 , da, wie er ausführt, „äquivalent“ zu viel sagend, „azimutaler
Entwurf mit längentreuen Mittelpunktgroßkreisen“ nach Hammer wohl korrekt,
aber zu schwerfällig, „Posteischer Entwurf“ aus historisch-kritischen Gründen abzu
lehnen, „speichentreu“ nach Breusing nicht schlecht, aber doch nicht zu empfehlen
ist, weil man das Wort Radius nicht überall mit Erfolg ersetzen kann.
Selbst gegen die Bezeichnung „säulige Gradnetzentwürfe“ für Zylinderprojek-
tionen läßt sich nichts ein wenden wie gegen „höhentreu“, wenn die Höhe der Säule
und ihre Teile genau der wirklichen Größe der Meridianbogen entspricht; dagegen
dürfte sich der Ausdruck „geradwegig“ (orthodromisch) für gnomonisch nicht ein
bürgern, da auch loxodromische Linien geradwegig sein können, und in andern Um
nennungen, wie „Stuhleck“ für Trapez, „Gleiseck“ für Parallelogramm scheinen
Breusings puristische Bestrebungen zu weit gegangen zu sein. Doch ganz ablehnend
dürfen wir auch diesen und andern verdeutschenden Ausdrücken nicht gegenüber
stehen, wir wissen nicht, ob dem Ohr einer spätem Zeit das besser klingt, was uns
heute noch nicht behagt. Für Breusings „mitteltreu“ hat sich in neuerer Zeit,
1 Sprachlich und logisch gibt’s z. B. keinen Unterschied zwischen querachsig und schief -
achsig. Allenfalls könnte man da noch schrägachsig sagen.
2 Vgl. A. Breusings geistvolle Schrift: Das Verebnen, a. a. O.
3 W. Jordan in Z. f. Verm.-W. 1898, Heft23.
4 Vgl. E. Hammer in G. J. XXIV, 1901/02, S. 33.
5 Auf Taf. 16 in G. Z. 1904. - Vgl. H. Haack in G. J XXIX, 1906/07, S. 355.
6 R. Bourgeois imd Ph. Furtwängler: Kartographie. Enzyklopädie der mathem. Wiss. VI,
S. 245—296. (Abgeschlossen im Januar 1909.) Den Ausdruck „Abbildung“ für Projektion möchte
ich den Geographen weniger empfehlen. Gesetzt auch, daß das Wort „Projektion“ in der Karto
graphie nicht allein in dem in der projektiven Geometrie üblichen engern Sinne gebraucht wird,
scheint es doch oppertun zu sein, von der allgemeinen Bezeichnung „Abbildung“ abzusehen, da wir
unter kartographischer Abbildung auch das Gelände mit einbegreifen. Bei topographischen Karten
läßt man sich die Bezeichnung „Abbildung“ schon eher gefallen; da hat sie ihren guten Grund, auf
den ich noch zu sprechen komme. — M. Groli gebraucht in der Kartenkunde (I. Berlin u. Leipzig
1912) ebenfalls die Bezeichnung „Abbildung“.
7 W. Schjerning: Über mit tabstandst reue Karten. Abh. d. Geogr. Ges. Wien V, 1903/04. Nr. 4.
Eckert, Kartenwissenscliaft. I. 10