Die geographische Brauchbarkeit einiger Projektionen.
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J. Washington veranlaßten und ausgeführten, von der britischen Admiralität
herausgegebenen Karte des Großen Ozeans brachte 1 , sagt er in der physikalisch
statistischen Skizze zu der Karte, daß sie in der Projektion eines Planigloben 1 2 ge
zeichnet ist, da sie „eine viel richtigere Vorstellung von Form und Ausdehnung gibt,
als eine Mercatorkarte, welche z. B. die Entfernung zwischen dem Kap Hoorn und
Australien beinahe noch einmal so groß angibt, als sie in Wirklichkeit ist“. Ähn
liche Worte wurden gebraucht, als 1868 die Jubelausgabe von Stielers Handatlas
in 84 Blättern vollendet war und für den Großen Ozean eine „modifizierte Mercator-
Sansonsche Projektion“ verwendet wurde 3 , die aber, wie wir wissen (S. 184, Anm.2),
mit dem Mercator-Sansonsehen Entwurf nichts zu tun hat. Aber zehn Jahre
früher werden die Vorzüge der Mollweideschen Projektion, damals „homalographische
Projektion von Babinet“ genannt, gegenüber der Mercatorprojektion in einer Weise
von Herrn. Berghaus gewürdigt, die unsere vollste Aufmerksamkeit verdient.
Herrn. Berghaus war ein geistreicher Kopf, der den Anschauungen seiner Zeit viel
fach vorauseilte; er führte aus, daß die „zwiebelartige Form“ der Projektion von
Mollweide immer noch eher an die sphäroidische Erdgestalt erinnere als die Mercator
karte, und jene Projektion würde zur Veranschaulichung physikalischer Erscheinungen,
wie der Hauptwindrichtungen, Verteilung der organischen Naturerzeugnisse, bei denen
es mehr auf die Verbreitung nach den Polen zu als auf Längenrichtung ankommt,
der Mercatorprojektion vorzuziehen sein, mehr aber noch bei graphischer Darstellung
statistischer Tatsachen, bei denen die Rücksicht auf das Flächenverhältnis in den
Vordergrund tritt. 4 In dem von ihm herausgegebenen „Physikalischen Atlas“ hatte
Berghaus Gelegenheit, seine Ideen zu verwirklichen, wenn auch nur teilweise, so
bei Begenkarten, pflanzengeographischen und ethnographischen Karten der Erde. 5
Immerhin dominiert noch die Mercatorkarte in Bergbaus’ Physikalischem Atlas,
obwohl selbst der praktische Grund geltend gemacht wurde, daß, um Raum zu sparen,
in vielen Fällen für die Erddarstellung die äquivalente, d. h. die Mollweidesche
statt der üblichen Mercatorkarte gewählt wurde. 6 Die Projektion von Mollweide
ist gleich gut für die Darstellung der Planigloben wie der gesamten Erdoberfläche.
Ihre Beliebtheit verdankt sie aber auch der leichten Konstruierbarkeit. Im Hinblick
darauf werden die Worte des praktischen Steinhausers erklärlich, wenn er sagt,
daß durch die Mollweidesche Projektion der Entwurf von Lambert verloren habe,
„denn wer wird über Berge mühsam klimmen, wo eine neue bequeme Straße ebenfalls
zum Ziele führt“. 7 Auch S. Günther hält sehr viel von der Projektion von Moll-
weide, doch stellt sie keineswegs eine „allgemeinere Lösung des Problems der äqui
valenten Projektion“ dar. 8
1 A. Petermann in P. M. 1857. Taf. 1. Text S. 27ff.
2 Es ist ein mittabstandstreuer äquatorständiger Azimutalentwurf.
3 A. Petermann in P. M. 1868, S. 374.
4 Herrn. Berghaus in P. M. 1858, S. 68.
5 Es ist zu verwundern, daß Berghaus die Mollweidesche Projektion nicht noch mehr bei
Einzeluntersuchungen anwandte, z. B. bei der Weltkarte zur Übersicht der Luftstörmungen, Boden-
bescliaffenheit usw. (P. M. Erg. H. 48, 1876): die hier benutzte Mercatorprojektion konnte doch
kein richtiges Bild von der Verbreitung von Wald- und Kulturland, Tundren, Steppen und Wüsten geben.
6 P. M. 1886, S. 322.
7 A. Steinhäuser: Grundzüge der mathem. Geogr. und der Landkartenprojektion. 3. Aufl.
Wien 1887, S. 117.