Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die Gradnetze der topographischen Kartenwerke. 
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immer größer. Sie kann sich alsdann für topographische Karten bis zur Unerträg 
lichkeit steigern, weshalb die Projektion für Gebiete mit großer ostwestlicher Aus 
dehnung nicht geeignet erscheint. Irgendwie eine Einteilung in handlichem Format 
nach Graden und Minuten vorzunehmen, ist völlig ausgeschlossen. Deshalb muß 
sich eine topographische Karte, die auf den Einzelsektionen über ungefähr gleich 
große Formate verfügen will, die Zwangsgittereinteilung (S. 191) gefallen lassen. 
Die Geeignetheit der Bonneschen Projektion für topographische und choro- 
graphische Karten hat zu großen Meinungsverschiedenheiten geführt. In dem geg 
nerischen Lager sind K. Zöppritz und E. Hammer die Wortführer, in dem andern 
vor allem J. Frischauf und K. Then. Die Berufung der Gegner auf M. A. Tissot 
ist nicht ganz am Platze, da Tissot ausdrücklich sagt, was jedoch in der Übersetzung 
Hammers nicht voll zum Ausdruck kommt: „Es gibt keine Projektion, für die man 
nicht auf der Erde den Umfang eines Gebietes bestimmen könnte, zu deren Dar 
stellung sie sich besser eignet als alle andern; keine von den bisher vorgeschlagenen 
soll a priori ausgeschlossen werden.“ 1 Und kurz zuvor spricht er von der Bonneschen 
Projektion. Mithin hat er ihre Verwerfung durchaus nicht angeraten. Frischauf 
selbst gibt Beispiele von topographischen Karten, die bei bedeutender Ausdehnung 
so geringe Winkel- und Längenverzerrung annehmen, daß deren kartographische 
Berücksichtigung praktisch gleich Null ist. 1 2 Ja, K. Then behauptet sogar, daß eine 
in Bonnescher Projektion gezeichnete Karte des Deutschen Reiches in 1 : 100000 
erst in den äußersten Blättern den gleichen kartographischen Fehler aufweisen würde, 
der in jeder einzelnen Sektion der gleichen, in der Polyederprojektion hergestellten 
Karte in 1 : 100000 auftritt. 3 Ferner steht M. Rosenmund der Bonneschen Pro 
jektion gerecht gegenüber und untersucht ihre VerzerrungsVerhältnisse für eine topo 
graphische Karte der Schweiz. 4 In dem Streite für oder wider Bonne sind choro- 
graphische und topographische Karten wahllos durcheinandergeschüttelt worden. 
Beide Gruppen müssen streng auseinandergehalten werden. Bei der Wahl einer Pro 
jektion für neue topographische Kartenwerke kann heute, wo man mit dem Wesen 
und den Vorzügen der preußischen Polyederprojektion oder den Gaußschen Koor 
dinaten besser als früher Bescheid weiß, die Bonnesche Projektion als ausgeschlossen 
gelten. Sie jedoch auch von chorographischen Karten gänzlich fernzuhalten, halte 
ich für unangebracht, wie ich bereits nachgewiesen habe (S. 178). 
81. Der französische Einfluß in topographischen Kartenwerken. In zweierlei 
Richtung hatte das französische Vermessungswesen auf das anderer Staaten ein 
gewirkt, in der Neueinrichtung der Katastervermessung und in der Verbesserung 
bzw. Erneuerung des topographischen Kartenmaterials; jene ging in der Hauptsache 
auf Cassinis Projektion zurück, diese vornehmlich auf Bonnes Projektion. Das 
18. Jahrhundert gehört mit wenigen Ausnahmen ganz den Franzosen. Schon im 
17. Jahrhundert hüben die Bestrebungen an, eine große Karte für ganz Frankreich 
herzustellen, um vor allem den wirtschaftlichen Verhältnissen zu dienen; wir kennen 
einen dahinzielenden Auftrag des Ministers Colbert unter Ludwig XIV. an die Aka 
demie der Wissenschaften. Die Karte entstand auf Grundlage von Reisen verschiedener 
1 J. Frischauf: Die math. Grundlage, a. a. O., S. 145. 
2 J. Frischauf, a. a. O., S. 145, 146. 
3 K. Then: Die bayerischen Kartenwerke in ihren mathematischen Grundlagen. München 1905. 
4 M. Rosenmund, a. a. O., S. 12ff.
	        
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