Die Gradnetze der topographischen Kartenwerke.
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sich, wie wir bereits wissen, von der allgemeinen Mode, Bonne zu gebrauchen., aus.
Dagegen erschien 1822 in Österreich die Übersichtskarte des österreichischen Kaiser
tums 1 : 864000 in Bonnescher Projektion. Von allgemeinen, nicht offiziellen Karten
werken sei schließlich als eine neuere Karte in Bonnescher Projektion die Yogelsche
Karte von Deutschland 1 : 500000 auch hier genannt.
Der Bonnesche Entwurf begegnet uns ferner auf den offiziellen Kartenwerken
der Schweiz, wie auf der Dufourkarte 1 : 100000, sodann in Belgien, den Niederlanden,
in Schottland und Irland. In Rußland wurde 1822 die Bonnesche Projektion für alle
Kartenwerke des russischen Generalquartiermeisterstabes festgesetzt, die sich, wie
es in den Verhandlungen heißt, gegenüber der Cassinischen Projektion mit Rücksicht
auf die Ausdehnung des Reiches als die entsprechendste erwies. 1 In Bonnescher Pro
jektion erscheint seit 1847 nur die topographische Karte des europäischen Rußlands
1 : 126000 (1 Zoll = 8 Werst), die Dreiwerstkarte.
82. Der deutsche Einfluß in topographischen Kartenwerken. Obwohl der fran
zösische Einfluß auf die allgemeine Kartographie im Anfang des 19. Jahrhunderts
mit der Übersiedlung A. v. Humboldts von Paris nach Berlin gebrochen war, hat
er im Vermessungswesen, soweit es dem Militär unterstellt war, noch lange nach
gewirkt, bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts, sei es, daß man die französischen
Aufnahmemethoden befolgte oder sei es, daß man im W durch gleichmaßstabige Karten,
wie die Eranzosen herausgegeben hatten, Anschluß suchte. Einen selbständigen Weg
schlug man zuerst in Preußen ein, wo die Polyederprojektion durch v. Müffling
und Kaupert ausgebildet wurde, zugleich aber durch das Wirken eines K. Fr. Gauß
die mathematische Form gefunden wurde, die auf Jahrhunderte hinaus jeglicher
Neuaufnahme Richtschnur und Ziel sein wird. Daß der Deutsche J. H. Lambert
noch heute in dem neuen französischen Kriegskartenkoordinatensystem fortwirkt,
ist schon zur Genüge hervorgehoben worden, ebenso daß Ch. Lallemand die Gaqß-
schen Koordinaten in Frankreich und Ägypten angewandt hat. Wir erblicken sie
wieder in der neuen Karte 1 : 50000.
Die Koordinaten, wie sie durch Soldner ausgebildet worden sind, waren in
England für die Kataster- und katasterähnlichen Karten maßgebend. Bei den
Grafschaftskarten oder Map of counties 1 :10560, den Six inch county maps (6 Zoll
= 1 engl. Meile) treffen wir auf 19 Soldnersche Koordinatensysteme. Dagegen be
ziehen sich die Koordinaten der Ordnance map oder General map 1 : 68 860, der One
inch map auf einen einheitlichen Nullpunkt in Chester, sonst ist die Karte ganz im
Sinne der Soldnerschen Projektion bearbeitet.
Das System der preußischen Gradabteilungskarte, also der preußischen Poly
ederprojektion, die von W. Jordan für offizielle Karten das „Ei des Kolumbus“
genannt worden ist, erkennt man heute nachwirkend bei den meisten neuem karto
graphischen Unternehmungen der verschiedenen in- upd ausländischen Landes
aufnahmen. 1 2 Auf den württembergischen und hessischen Blättern 1:25000 wird
auf der linken obern Ecke gleich „Gradabteilung“ geschrieben und das Blatt in bezug
1 S. Truck: Die Entwicklung der russischen Militärkartographie vom Ende des 18. Jahr
hunderts bis zur Gegenwart. Mitt. d. k. k. militärgeogr. Inst. XVIII. 1898. Wien 1899, S. 201, 202.
2 H. Wagners Meinung (Lehrbuch, a. a. O., S. 2381, daß bei der Mehrzahl topographischer
Karten die Blatteinteilung unabhängig vom Gradnetz erfolgt, besteht heute nicht mehr zu Recht
Heute ist es umgekehrt wie vor zwei und drei Dezennien.