Teil III.
Die Kartenaufnahme.
A. Das Bedürfnis nach großmaßstabigen Karten.
I. Geograph und Geodät.
84. Das gemeinsame Arbeitsgebiet zwischen Geographen und Geodäten. Die
Karte hat als Spiegelbild der natürlichen Ausstattung der Erde von jeher das Interesse
der Erdkundigen wachgerufen und gefördert. Im Zusammenhang damit steht gewiß
schon seit ältesten Zeiten die Frage nach der Entstehung der Karte im Gelände. Wenige
können darauf antworten und dem Spiele irriger Vorstellungen ist dadurch weiter
Kaum gegeben. Die Vorstellungen von dem Werte der einzelnen Aufnahmeverfahren
vermengen und verwirren sich allzuleicht; was Wunder, wenn der Geograph sich schon
mit Ergebnissen zufrieden gibt, wo der Geodät kaum anfängt, geringste Genauigkeits
forderungen festzulegen. Das ist eine bedauerliche Erscheinung, der mit einigem
guten Willen von seiten des Geographen abzuhelfen ist. Sicher ist ein himmelweiter
Unterschied zwischen der flüchtigen Kartenaufnahme in kaum gekannten Ländern
und der topometrischen Aufnahme eines Kulturlandes, und doch ist er nicht so groß,
daß die Kenntnis des einen Verfahrens die des andern ausschlösse. Wo es der Geo
graph in der Hauptsache mit der Beschreibung der Erdoberfläche und deren dinglichen
Ausstattung zu tun hat, müßte es etwas Selbstverständliches sein, die Arbeitsmethoden
zu kennen, nach denen diese so verschiedenartig ausgerüstete Erdoberfläche im Karten
bild erscheint. Dabei ist es ebensowenig angebracht, in rein geodätische Probleme
hinüberzugreifen, wie er sich hüten soll, rein geologische Probleme zum Gegenstand
seiner Untersuchung zu machen; aber wo sie gemeinsam schaffen können, auf dem
Gebiet der topographischen Landesaufnahme, soll der Geograph vor einer Zu
sammenarbeit mit dem Geodäten nicht zurückschrecken.
An das Kapitel Geodät und Geograph bzw. Kartograph wird von seiten der
Geographie nicht gern gerührt. Daß ein so wichtiges, hauptsächlich in den mathe
matischen Tatsachen der Geographie sein Schwergewicht suchendes Lehrbuch der
Geographie wie das von H. Wagner der geodätischen Ortsbestimmung, der Nivellierung,
der Abhängigkeit der Schwerkraft von der geographischen Breite usw. einige ausführ
lichere Worte schenkt, kann nicht überraschen. 1 Sagt Wagner doch selbst, daß die Geo-
H. Wagner: Lehrbuch der Geographie. 9. Aufl. Hannover und Leipzig 1912, I, S. 91 ff.