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Die Kartenaufnahme.
Karte sehr klein, ja oft zu klein wird, um die charakteristischen Merkmale alle in der
selben richtig zu betonen. Wenn hierbei der Beobachter, sich an die geometrischen
Bestimmungen haltend, mit völliger Sicherheit Vorgehen konnte, um sich während seinen
Exkursionen durch die Aufnahmsblätter leiten zu lassen, ward ihm bei wiederholter
Begehung von Berg und Tal hier und dort etwas auffällig, das nicht in dem unerläß
lichen Gerüste exakter Bestimmung liegt und der Fehlergrenze entgehen darf, jedoch
in verschiedenen Stellen auftauchend als eine Reihe von Punkten erscheint, welche
aller Beachtung wert ist, so darf nachträglich diese Reihe eingezeichnet werden. Z. B.
Felsenriffe, welche nicht so hervorragend sind, um über den senkrechten Abstand der
Niveaulinien hinauszureichen, solche, welche an einzelnen Stellen hervortreten, an
andern unter Vegetation oder Schutt verborgen liegen, aber im Zusammenhang eine
Felsenlage zu erkennen geben. Ferner Lawinenzüge, Schuttkegel und Ablagerungen
von Wassergüssen, welche bedeutende Ausdehnung erlangten. Derlei kann sich all
jährlich anders gestalten, allein die Stellen, wo selbige gefunden werden, die Formen,
welche sie angenommen haben, sind abhängig von der Struktur des Gebirges und ver
langen unter diesen Bedingungen nähere Beachtung. Indem man allem dem nachgeht
und zugleich die allgemeinen Formen der verschiedenen Gebirge vergleicht, wird man
auf die verschiedenen Krümmungen der Isohypsen geführt, welche, als auf der Ober
fläche der Erde gedacht, doppelt gekrümmte Linien sind. Dieselben kann man be
stimmen, wo man nur eine teilweise zusammenhängende Reihe von Punkten für ihre
Form zu fixieren weiß. Manchmal zwar ist der passende Standpunkt des Geometers
schwer zugänglich, dann ist die Bewegung des Lattenträgers im Hochgebirge nicht
selten mit Lebensgefahr verbunden. Gewisse Stellen sind völlig unzugänglich, da der
Vermesser durch Schätzung der Größe entfernter Gegenstände, wie Felsen oder Tannen,
der obersten Region sich aushelfen muß. General Dufour hat für Bestimmung solcher
Niveaulinien keine Fehlergrenze festgesetzt. Nichtsdestoweniger gewähren dieselben
in ihrer Totalität im Maßstab der Aufnahme sehr vollständige Anhaltspunkte zum Ver
ständnis der Gebirgsformen.
Wir haben oben vielfach Gelegenheit gehabt, die Außenformen der verschiedenen
Bildungen nach den drei Hauptgruppen zu vergleichen. Daß dieses, annähernd zwar,
aber mit Sicherheit möglich war, verdanken wir zumeist den Isohypsen, welche durchweg
den Modifikationen des Terrains sich anschmiegen, so daß, wenn auch lokale kleine
Unsicherheiten bei deren Bestimmung mit untergelaufen, in Summa alle diese Linien
gegenseitig sich kontrollieren, um schließlich das feste Gerüste der Gebirgsoberfläche
zu geben.“ 1
Kurz nach Zieglers Tode erschien seine letzte Arbeit: Ein geographischer Text
zur geologischen Karte der Erde. 1 2 Darin wird nachzuw r eisen versucht, daß das Ent
stehen und langsame Umgestalten der Erdform nur unter Berücksichtigung der geo
dätischen Forschungen zu verfolgen sei, denn nur die Geodäten vermögen die Ungleich
heiten der Krustendecke infolge von zeitweisen Schwankungen in der Drehung der
Erde annähernd zu bestimmen, vorausgesetzt, daß ein solches Ergebnis zu erzielen
möglich ist.
Zieglers Ideen waren ihrer Zeit vorausgeeilt. Weder er selbst noch andere haben
praktisch kartographisch erreicht, was er wollte, wenngleich durch sein anregendes
1 Ziegler, a. a. O., S. 37, 38.
2 Mit Atlas in 15 Taf., Basel 1883.