Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Kartenaufnahme. 
Für ein solches Unternehmen kommt lediglich eine Höhenkurvenkarte in 1 : 5000 
oder, wie wir sie künftig nur bezeichnen wollen, die topometrische Grundkarte (Ein 
heitskarte) in 1 : 5000 in Frage. Darüber braucht man kein Wort weiter zu verlieren, 
daß die kleinparzellierten Weinberg- und Gartenbaugebiete des Eheins und das 
rheinisch-westfälische Industriegebiet eher in Angriff zu nehmen sind als die Romin- 
tener Heide. Vor allem kommt es darauf an, daß die großmaßstäbigen Karten, also 
die Kataster und die topometrische Grundkarte genauen Aufschluß über die Ge 
ländeverhältnisse geben. Es gelangt dadurch ein alter Ausspruch wieder zu Ehren, 
den J. G. Lehmann bereits vor 1800 getan hat, als er von einer guten topographischen 
Karte mit der sichern Angabe des Geländes (für seine Zeit suchte er in der Böschungs- 
schraffe das Allheilmittel) sagte: „Mir deucht, auch der Naturforscher im allgemeinen, 
der Staatswirt, der Berg- und Forstmann, der Land- und Wasserbaumeister, der 
Unternehmer großer Fabriken, und selbst der größere Landwirt bedarf dieser hier 
entwickelten Kenntnisse als Hilfsmittel; denn überhaupt beruht ja der irdische und 
geistige Wohlstand unserer aller, als Menschen und Staatsbürger, auf der richtigen 
Erkenntnis und klugen Benutzung der Erdoberfläche.“ 1 Noch etwas früher hatte 
auf die Nützlichkeit topographischer Karten „für mehrere Geschäfte des bürgerlichen 
Lebens“ und „die Nützlichkeit der Bergzeichnung für die Ökonomie“ der kurpfälzische 
Wasserbaumeister Wiebeking hingewiesen. 1 2 
Für den Maßstab 1 : 5000 haben sich, wie wir oben sahen, viele Fachleute aus 
den verschiedensten praktischen und wissenschaftlichen Kreisen erklärt. Vom Gesichts 
punkt des Geographen aus habe ich den Maßstab zu rechtfertigen gesucht, aber auch 
auf Grund eigener Erfahrungen im Kriegsvermessungswesen muß ich für einen Maß 
stab in 1 : 5000 plädieren. Bei einem Bewegungskrieg ist der Maßstab 1 : 25000 der 
größtmögliche, bei dem Stellungskrieg der 1 : 5000 der beste; denn bei den Infanterie 
verteidigungsanlagen und den Artilleriestellungen gilt es, die feinsten Bodenwellen 
auszunützen, die wegen der Gesamtanlage des Verteidigungs- bzw. Angriffssystems 
vorher auf der Karte kenntlich gemacht werden müssen. Wegen der kurzfristigen 
Termine, zu denen während des Krieges die Neuaufnahmen des besetzten Frank 
reichs fertiggestellt sein mußten, wurde in der Hauptsache im Maßstab 1 : 10000 
aufgenommen, daneben nur, wo es angängig war, 1 : 5000 (besonders von den Bayern 
im Argonnerwald, sie waren diesen Aufnahmemaßstab von zu Hause aus gewöhnt). 
Die Hauptarbeit bei der Neukartierung des Deutschen Reiches fällt Preußen 
zu. Ab ovo jedoch ist nicht alles zu schaffen, es gibt auch in Preußen überall Kataster 
karten, nur müssen sie zusammengefaßt, vereinheitlicht und weiter ausgebaut und 
ergänzt werden. Wo sie als Grundlage für die Grund- oder Einheitskarte versagen, 
sind Neuaufnahmen — und ihrer werden es nicht wenige sein — notwendig. Sodann 
müssen die neuen Katasterkarten wie auch die süddeutschen in ein einheitliches 
Koordinatennetz eingehängt werden, als welches sich das von Gauß-Krüger von 
selbst empfiehlt (s. § 76). 
96. Militär- und Ziviltopographie. Neuorganisation im Vermessungswesen. 
Die Arbeiten der Neukartierung und verwandte Arbeiten müssen in einer Hand, 
d. h. bei einer einzigen Behörde liegen. Das ist die große Aufgabe der Zukunft, die 
1 J. G. Lehmann: Darstellung einer neuen Theorie der Bezeichnung der schiefen Fläche im 
Grundriß oder der Situationszeichnung der Berge. Leipzig 1799. S. III. 
2 C. F. Wiebeking: Über topographische Garten. Mülheim am Rhein 1792, S. 17—26.
	        
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