Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Kartenaufnahme. 
Schrittzählen ermittelt. Die andere Methode ist das bekannte Krokieren mit Hilfe 
von Kompaß und Krokierblock (mit Millimeterpapier); sie ist der erstem vorzuziehen, 
da durch den Wegfall der Rekonstruktion der Karte das Gedächtnis weniger belastet 
wird. Wie man bei der flüchtigen Geländeaufnahme die Genauigkeit zu steigern 
vermag, hat Joh. v. Bezard durch seine neue Orientierungs- oder Diopterbussole 
praktisch erprobt. 1 Wie selbst einfachste Verfahren zur beiläufigen Bestimmung 
von Winkeln, Höhen und Entfernungen herangezogen werden können, zeigt P. Kahle 
in seiner Brachimetrie. 1 2 
108. Die Orientierung im Gelände. Das Wichtigste ist bei jeder Aufnahme, ob 
linien- oder flächenhaft, die Orientierung im Gelände. Das geschieht mit dem Plan 
oder der Karte, mit Hilfe von Bussole oder nach dem Stande der Sonne unter Ver 
gleichung einer Uhr, nach dem Stande des Mondes, namentlich in den Hauptphasen, 
nach dem Polarstern und dem Sternbild Cassiopeja. Selbst Notbehelfe können sich 
unter Umständen dienlich erweisen, wie einzelstehende Bäume, die auf der Wetter 
seite, bei unserer Breite in NW, eine moosbedeckte, gröbere und rissigere Rinde als 
auf der entgegengesetzten Seite aufweisen. Ähnliche Dienste verrichten die dem 
Wetter ausgesetzten Steinblöcke, alte Meilensteine, Martersäulen, Feldsteine, Holz 
pfähle, die auf der Wetterseite mürbe geworden sind; selbst bei Ameisenhaufen beob 
achtet man, daß sie an der dem Wetter zugekehrten Seite mit Gras und Moos be 
wachsen ■ sind, nicht an der entgegengesetzten. 
Auf die sorgfältige und genaue Orientierung des Kartenblattes bei der Auf 
nahme kann nicht genug aufmerksam gemacht werden. Man wird es nie gut heißen, 
selbst bei flüchtigen Aufnahmen, die Korrektur des Blattes in Hinsicht auf die magne 
tische Deklination erst nach der Aufnahme vorzunehmen. Es gibt Reisende, die 
bei der Kartenaufnahme in unbekannten Gebieten durch Nichtkenntnis der magne 
tischen Deklination in größte Verlegenheit gesetzt wurden, trotzdem es nicht schwer 
ist, die magnetische Deklination jederzeit zu bestimmen. Von den verschiedenen 
Verfahren zur Bestimmung der Nordsüdlinie seien hier nur vier genannt und zwar 
die, die für den Geographen das meiste Interesse haben dürften. Die Verfahren 
sind: a) die graphische Entnahme aus magnetischen Karten; b) das Bestimmen der 
geographischen Nordsüdlinie (Meridian) mit dem Sonnenlot; c) das genäherte Fest 
legen des Meridians nach Polarstern und Zirkumpolarsternen; und d) das Beobachten 
von Sonnenhöhen gleicher Zenitdistanzen. 
Diese Verfahren liefern keine astronomisch strengen Werte, zumal auch bei 
geographischen Aufnahmen gewöhnlich nur Einheitsinstrumente zur Verfügung 
stehen und außerdem genaue astronomische Zeitangaben fehlen. Um aber trotzdem 
für kartographische Aufnahmezwecke brauchbare Werte zu erhalten, genügt es voll 
kommen, wenn man sich in den Fällen b) und d) durch Verwerten korrespondierender 
Sonnenhöhen von der genauen Zeit unabhängig macht, was im Falle c) durch 
Messen eines Winkels zwischen Polarstern und einem Zirkumpolarstern ebenfalls er 
reicht wird. 
1 Johann v. B6zard: Neue Mittel zur Steigerung der Genauigkeit der flüchtigen Terrain 
aufnahme und zur verläßlichen Lösung aller Arten v. Orientierungsaufgaben. S.-A. aus „Streffleurs 
Milit.-Z., zugleich Organ der militär-wissenschaftl. Vereine“. 1907. II. Wien 1908. 
2 Brachimetrie (ßga/iav u. ueiQetv) ist das Verfahren, mit dem „Arm“ zu messen. Vgl. 
P. Kahle: Betrachtungen zu Höhenlinienkarten. G. A. 1920, S. 156, 157.
	        
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