Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

Die flächenhafte Topographie. 
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ein topographisches Kunststück, das allerdings durch Sven Hedins Aufnahmen 
(S. 241, Anm. 1) noch übertroffen wird! 
Deutsch-Ostafrika entwickelte sich vor dem Weltkriege immer mehr zu einem 
Übungsfeld der verschiedensten Aufnahmeverfahren. M. Weiß, der Topograph der 
Expedition des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg, erprobte das Aufnehmen 
mit dem Phototheodolit, das gleichfalls auf Flächendeckung ausgeht, im Kirunga- 
Yulkangebiet Deutsch-Ostafrikas. Die Aufnahmen haben den Vorzug der Schnellig 
keit und Wohlfeilheit, indes haben sie gerade in Ostafrika gezeigt, daß die anfangs 
gehegte Erwartung, in dem Phototheodolit ein universelles Vermessungsinstrument 
zu besitzen, nicht in Erfüllung gegangen ist, weil Boden-, Witterung- und Vegetations 
verhältnisse für viele Gebiete, speziell für die tropischen Kolonien, dessen Anwendung 
verbieten. Außerdem müssen die Aufnahmen in unzugänglichen Gebieten durch 
anders geartete ergänzt werden, und so sind denn zuletzt die Karten von Weiß das 
Ergebnis einer Kombination von Routen- und Meßtischaufnahmen, von Triangulation 
und phototheodolitischen Messungen. 1 
116. Das geographisch-topographische Programm einer Neuaufnahme. Klare 
Beurteilung des aufzunehmenden Landes, erprobte Kenntnis der wichtigsten Auf 
nahmemethoden und sicheres Ziel geben jedem Aufnehmer das richtige Programm 
seiner Tätigkeit im Felde. W. Penck hatte diese Aufgabe sicher erfaßt. Nun ergab 
sich folgender Gang der Aufnahmearbeiten 1 2 : Anlage eines Grunddreiecks, dessen 
einer Eckpunkt ein bis auf Bruchteile der Sekunde astronomisch festgelegter Ort 
ist; Basislegung zwischen zweien der Eckpunkte; Bestimmung der astronomischen 
Nordrichtung; Übertragung all dieser Daten auf einen Meßtisch, auf dem mittels 
der Kippregel ausgewählte Punkte fixiert werden, und zuletzt die Übernahme dieser 
Festpunkte auf einen Krokiertisch, auf dem mittels Diopterlineal weitere Festpunkte 
niederer Ordnung gefunden werden, zwischen die das topographische Material hinein- 
zukrokieren ist. — Das ist ein Arbeitsprogramm, das jedem Aufnehmer in Kolonial- 
und verwandten Ländern empfohlen werden kann; denn auf Grundlage einer solchen 
läßt sich’s ersprießlich arbeiten und zu einem brauchbaren Ergebnis gelangen. 
In den Kolonialländem sind bereits die verschiedensten Methoden angewandt 
worden, um Festpunkte zu gewinnen. Dadurch ist aber nur hie und da Bresche in 
kartographisch unerschlossene Gebiete geschlagen worden. Ein einheitliches Vor 
gehen wird vermißt. Es ist eine merkwürdige Wahrnehmung, daß selbst Vermessungs 
behörden, die im Mutterlande Ausgezeichnetes leisten, im Koloniallande mit Experi 
mentieren von Aufnahmen beginnen und zwischen den Systemen hin- und herpendeln. 
P. Gast, der sich auf Grund seiner langjährigen Erfahrungen als Chef der trigono 
metrischen Abteilung des argentinischen Generalstabes mit dieser Erscheinung ein 
gehender beschäftigt hat, erblickt in den obwaltenden Schwierigkeiten weniger einen 
Ausfluß der technischen Seite der geographischen Landesvermessung als vielmehr 
der Ungleichartigkeit der Spezialaufnahme und der sie tragenden Festpunktbestimmung, 
1 Das Vulkangebiet von Deutsch-Ostafrika in 2 Bl. bearb. v. M. Weiß nach eig. Meßtisch 
blättern u. phototheodolit. Aufnahm. unt. Benutz, des Herrmann sehen Materials u. d. Angaben v 
Egon Fr. Kirschstein. Konstr. u. gez. v. F. Schröder. 1: 100000. Abgeschlossen 1911. — Der weiße 
Fleck. Triang. u. in 2 Meßtischblättern aufg. v. M. Weiß, konstr. u. gez. v. F. Schröder. 1: 100000. 
Abgeschlossen 1911. Anlagen zu dem Werk Wiss. Ergebnisse der deutschen Zentralafrikaexpedi- 
tion 1907—1908. Bd. I. Berlin. 
2 W. Penck, a. a. O., S. 199, 200.
	        
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