Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

Das Nivellieren. 
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1833) war reich an Ideen und die treibende Kraft der neuen bayrischen Landes 
aufnahme. 1 Die sphäroidischen Soldnerschen Koordinaten haben seit 1810 in der 
Landesvermessung und besonders in der Katastrierung eine große Rolle gespielt 
(s. S. 187). Von ähnlicher Bedeutung wie Soldner für Bayern war für Württemberg 
•Toh. F. F. Bohnenberger (j- 1831), Professor in Tübingen und wissenschaftlicher 
Leiter der württembergischen Landestriangulation. 1 2 Die andern deutschen Staaten 
traten bald in die Fußstapfen der ausgezeichneten Arbeiten in Bayern, Württemberg 
und Preußen. 3 
Deutschland war im 19. Jahrhundert in allen feinem Vermessungsarbeiten 
für die ganze Welt mustergültig geworden, und wo man nur irgendwo auf genaueste 
Messungen Wert legt, kann man an den klassischen deutschen Vermessungswerken, 
ohne von ihnen gründlich Kenntnis genommen zu haben, nicht vorübergehen. Diese 
Kenntnis schöpft allerdings tief aus dem mathematischen Bronnen. Den Geographen 
würde sie viel zu weit von seinen eigentlichen Aufgaben abführen. Insonderheit hat 
der Geograph, er sei denn Geophysiker, nichts mit den Genauigkeitsuntersuchungen, 
die für den Geodäten der Anfang und das Ende aller feinem Messungen sind, zu tun; 
indessen kann er, schon wenn er mit den Hauptergebnissen dieser Untersuchungen 
vertraut ist, mit ganz andern Augen an kartographisch-kritische Studien heran 
treten als ein mathematisch ungeschulter Geograph. 
V. Das Nivellieren. 
121. Wesen und Aufgaben der Nivellierung. Seltener noch als das Triangulieren 
tritt das Nivellieren an den Geographen heran, obwohl es die feinste und beste Methode 
der Höhenbestimmung ist. Die Höhen lassen sich barometrisch, trigonometrisch 
und nivellitiscli bestimmen. Die Genauigkeit dieser drei Höhenmessungen steht in 
direktem Verhältnis zu der bei jeder Methode aufgewandten Arbeit. Arbeits- und 
Zeitaufwand sind am größten beim Nivellieren und das Ergebnis infolgedessen auch 
am genauesten, während am ungenauesten bei der leichter zu handhabenden baro 
metrischen Höhenmessung. Nivellieren heißt Höhenunterschiede benachbarter Orte 
mit Hilfe von Nivellierinstrumenten festlegen. An die Konstruktion solcher In 
strumente wurde erst herangeschritten, nachdem Picard 1674 zum ersten Male das 
Fernrohr zum Nivellieren gebrauchte. Mit der Leistungsfähigkeit der Instrumente 
haben sich die Messungsmethoden der Feinnivellements, wie sie bei ausgedehnten 
Landesnivellements angewendet werden, entwickelt. 
1 Vgl. Die bayrische Landesvermessung in ihrer wissenschaftlichen Grundlage, hg. von d. kgl. 
Steuerkatasterkonimission in Gemeinschaft mit dem topogr. Bureau des kgl. Generalstabs. München 
1873. 1. Abschn. Die Grundlinien, bearb. vom Direktor v. Bauernfeind; 2. bis 3. Absclin. Triangu 
lierung und Gradmessungsresultate, bearb. von Oberstl. v. Orff. Ferner das Werk von Amann: 
Die bayr. Landesvermessung in ihrer geschichtlichen Entwicklung. 1. Teil. Die Aufstellung des Landes 
vermessungswerkes 1808—1871. Im Auftrag des kgl. Katasterbureaus dargestellt. München 1908. 
2 Bohnenbergers theoretische Geodäsie heißt: „De computandis dimensionibus trigonometricis 
in superficie terrae sphaeroidica institutis commentatur Joan. Theophil. Frider. Bohnenberger, 
ordinis philosophici T. T. Decanus. Tubingae litteris Emcsti Eiferti 1826. — Eine deutsche Bearbeitung 
hat E. Hammer, Stuttgart 1885, geliefert. 
3 Von geschichtlichem Interesse ist die Vermessung des „Bergischen Landes“ 1805 — 1806 
durch J. F. Benzenberg, insofern sie die letzte deutsche Triangulierung mit dem Sextanten, also noch 
ohne Theodolit, ist.
	        
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