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Die Kartenaufnahme.
Jede systematische Höhenbestimmimg gründet sich heutzutage auf sogenannte
Höhenfestpunkte, die in verschiedenen großen Abständen durch das Nivellierungs
verfahren der Landesaufnahmen gewonnen werden. Gewöhnlich folgen diese Nivel
lierungen den großen- Staatsstraßen, Eisenbahnlinien und Haupt Wasserstraßen. Längs
dieser Linien findet man in der Hegel alle 2 km einen solide und unveränderlich
angebrachten Bolzen, dessen Höhe bis auf Millimeter angegeben wird. Im Deutschen
Reiche, mit Ausnahme von Bayern, Württemberg und Sachsen, entfällt auf 34 qkm
ein Festpunkt des Landesnivellements. Zur Konstruktion von Höhenkurven und
überhaupt zur graphischen Darstellung des Geländes findet das Nivellierverfahren
nur da Anwendung, wo es sich in verhältnismäßig kleinen Flächenbezirken um sehr
große Genauigkeiten handelt, wie bei dem uns bereits bekannten Stadtplan von
Zürich; denn das Nivellement ist die genaueste, freilich auch langwierigste Methode,
Höhen im Gelände zu bestimmen. Wie diese Methode zur Bezeichnung „französische
Methode“ kommt, ist nicht recht erklärlich, vielleicht weil das Nivellieren zuerst in
Frankreich ausgebildet und dadurch bei den Festungsbauten, also auf kleinem Raume,
Isohypsen festgelegt wurden (§ 252).
Die Nivellierungslinie erhält großem Wert, wenn sie zu ihrem Anfangspunkt
zurückkehrt, also eine Art Schleife bildet. Erst dann kann über Sorgfalt und Ge
nauigkeit der Arbeit ein abschließendes Urteil gefällt werden. Berühmt ist die
Nivellementsschleife geworden, die von Bozen ausging und über Brixen, den Brenner,
Innsbruck, Landeck, Mals, Meran Bozen wieder erreichte. Sie ist 356 km lang und
zeigte den geringen Schlußfehler von 0,007 m, die Höhenstationen schwankten
zwischen 250 und 1500 m. F. R. Helmert gründete auf diese Ergebnisse seine
Untersuchungen über Die Schwerkraft im Hochgebirge, insbesondere in den Tiroler
Alpen, in geodätischer und geologischer Beziehung, Berlin 1890. Helmert wie
dem Franzosen Ch. Lallemand verdanken wir die wertvollsten Arbeiten zur Theorie
des Nivellierens. 1 Die Praxis hat festgestellt, daß das Nivellement gut ist, wenn
der mittlere Fehler nicht mehr als 3 mm auf 1 km Länge beträgt. Heute ist die Ge
nauigkeit des Feinnivellements meist noch viel größer.
122. Der llöhenaus^angspunkt. Schwierig ist es, einen gemeinsamen Höhen
ausgangspunkt zu finden. Was ist überhaupt genau genommen „Höhe über dem
Meere“ ? Selbst die internationale Erdmessung hat es noch nicht zuwege gebracht,
einen internationalen Nullpunkt für alle europäischen Nivellements festzusetzen,
„da einerseits die Nivellements trotz ihrer großen Güte doch nicht genau genug sind,
selbst nur für das genannte Gebiet, geschweige denn für ganz Europa, ein durch
schnittliches Mittelwasser abzuleiten und ein gemeinsames Höhensystem wissen
schaftlich befriedigend festzustellen, während andererseits der gegenwärtige Zustand,
wo jedes Land seinen eignen Nullpunkt benutzt, für alle technische Anwendungen
genügt, da bei] Grenzüberschreitungen, dank der vielen Nivellementsanschlüsse,
leicht von einem Höhensystem zum andern übergegangen werden kann.“ 1 2
1 Helmert behandelt eingehend und kritisch die Theorie des Nivellierens in: Die math. undphys.
Theorien d. hohem Geodäsie. II. Leipzig 1884, S. 500ff. — Unter den Werken Lallemands sei ge
nannt: „Lever des plans et nivellement.“ Paris 1889, S. 358 ff. Lallemand hat das Werk gemeinsam
mit Pelle tan herausgegeben.
2 Die 10. Allg. Konferenz der Internationalen Erdmessung zu Brüssel. Z. f. Verm.-W. 1892,
S. 642. *“