Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Das Nivellieren. 
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Mit Hilfe von Nivellements nach den benachbarten Küsten des Atlantischen 
Ozeans, des Mittelmeers, des Adriatischen Meers und der Ostsee werden die Meeres 
höhen für wissenschaftliche Zwecke der Geodäsie abgeleitet. Das zumeist niit Hilfe 
des Mareographen bestimmte Mittelwasser wird als Ausgangshorizont bzw\ Null 
punkt betrachtet. In Deutschland beginnt mit Festsetzung von Normalnull (N. N.) 
1879 an der Berliner Sternwarte durch eine Marke, die die Höhe 87 m über N. N. 
aufweist 1 , eine Vereinheitlichung der Höhenangaben auf den deutschen Karten 
werken, deren durchgreifende Ergebnisse wir erst am Ende des ersten Dezenniums 
des neuen Jahrhunderts wahrnehmen. Von benachbarten Staaten haben Deutsch 
land und die Niederlande bereits ihre Höhen in Einklang gebracht. Für beide 
Länder lag der Ausgleich nahe, da nach den Nivellements der preußischen Landes 
aufnahme N. N. mit dem Nullpunkt des Amsterdamer Pegels (A. P. = Amsterdamer 
Peil) in annähernd gleicher Höhe liegt. Der Höhenunterschied von 44mm ist so gering, 
daß alle über N. N. angegebenen Höhen im geographischen Sinne tatsächlich als 
,,Höhen über dem Meere“ gelten können. 1 2 
Die Höhennullpunkte der amtlichen deutschen Kartenwerke hat H. Hey de 
zum Gegenstand einer Untersuchung gemacht 3 , die weiter auf die außerdeutschen 
Kartenwerke ausgedehnt werden müßte. Den süddeutschen Staaten, denen wir die 
ersten neuern topographischen Karten verdanken, war das Mittelmeer der ideelle 
Ausgangspunkt für ihre Höhenbestimmungen. Die badischen Karten, die bis 1909 
erschienen, beziehen sich auf einen ideellen Meeresspiegel unter dem Boden des Straß 
burger Münsters, 143,780 m über N. N. Bisher nahm man 145,754 m über dem 
Mittelwasser des Mittelländischen Meeres an. Demnach müssen die Höhen um 2 m 
gekürzt werden, wenn man sie auf N. N. bezieht. Bei den Höhenangaben der würt- 
tembergischen Karten ist schon seit 1895 N. N. in Rechnung gezogen worden. 
Vor dieser Zeit richteten sie sich wie die badenschen nach dem Boden des Straß 
burger Münsters. Die gleiche Beziehung finden wir auf den Blättern der bayrischen 
Pfalz. Die Höhenangaben des Bayrischen Topographischen Atlas in 1 : 50000 
(Blatt 1—100) für das rechtsrheinische Gebiet fußen auf der Höhe des innern Pflasters 
im Hauptportal der Frauenkirche in München, 519,16 m über der Adria bei Venedig. 
Um die Höhen des Topographischen Atlas in Einklang mit N. N. zu bringen, hat man 
sie um 1,74 m zu reduzieren. Im übrigen hat sich Bayern vollständig an N. N. an 
geschlossen. Der Atlas des Königreichs Sachsen von Oberreit bezieht die 
Höhenangaben auf den Dresdener Elbnullpunkt, den Wiemann zu 442 Pariser Fuß 
bestimmt hatte. Nach 1871 schloß man an das preußische „Gradmessungs-Nivelle- 
ment zwischen Swinemünde und Konstanz“ an, durch das der Nivellementspunkt 
Röderau eine Höhe von 100,430 m über dem Mittelwasser der Ostsee bei Swinemünd»! 
erhalten hatte. Bei der Einführung von N. N. in Sachsen nach 1900 zeigte sich, daß 
die Höhenmarke von Röderau nur 100,374 m über N. N. liegt, mithin müssen die 
1 Für den 1912 durch den Abbruch der alten Berliner Sternwarte gestörten Normalhöhepunkt 
sind an der Straße Berlin-Manschnow 5 unterirdische Punkte geschaffen worden. Vgl. E. Hammer: 
Die neuen preußischen Normalhöhepunkte. P. M. 1916, S. 21; desgl. Verhandlungen der 17. Allgcm. 
Konferenz d. Internat. Erdm. zu Hamburg 1912, Berlin 1914, II. S. 170. 
2 v. Zglinicki: Die Hauptkartenwerke der kgl. preußischen Landesaufnahme. Beih. III z. 
Militärwochenbl. Berlin 1896, S. 164. 
n H. Heyde: Die Höhennullpunkte der amtlichen deutschen Kartenwerke. In „Festband“ 
Albrecht Penck. Stuttgart 1918, S. 375ff.
	        
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