272 Die Kartenaufnalime.
der westliche Zug des Wilden Kaisers boten auf der Nord- und ¡Südseite reichlich
Gelegenheit zur stereoskopischen Bildmessung. Die Karren- und Felsgebiete auf
dem Plateau des Zahmen Kaisers wurden tachymetrisch festgelegt und der größere
(westliche Teil) des Plateaus, der durch Latschengewirr und einzelne Karrenerscheinun
gen charakterisiert ist, mit Meßband und Bussole. Das Ergebnis der Messungen ist
ein lehrreiches Kartenbild des Fels- und Karrengebietes des Zahmen Kaisers in 1 : 10000.
II. Das Lichtbild in der Luftaufnahme (Luftbildaufnahme,
Aerophotogrammetrie).
127. Entwicklung der Luftbildaufnahme. Nachdem es gelungen war, von ter
restrisch festen Punkten mittels Lichtbild Geländeteile aufzunehmen, wurde der
Gedanke, ähnliche Aufnahmen von irgendwelchen Luftfahrzeugen aus zu er
zielen, von verschiednen Forschern und Denkern erwogen: Man denke nur an die
Arbeiten von S. Finsterwalder 1 , A. Laussedat 1 2 , R. Thiele 3 , A. Schell 4 , Th. Sclieim-
pflug 5 , A. le Mée 6 , G. Kämmerer 7 , E. Dewidels. 8 Die Mittel, die hauptsächlich in
Betracht kamen, um photographische Apparate in die Höhe zu heben, waren Drachen 9 ,
Raketen 10 , Sondierballon, Fesselballon und der bemannte Freiballon. Bald trat das
lenkbare Luftschiff hinzu. Jetzt wurde die Frage der Luftbildaufnahme akut.
Man war gerade daran, sie in langwieriger und umständlicher Weise zu lösen, indem
eine besondere ,,Luftfahrerkarte“ geschaffen werden sollte, als sie mit dem Ausbruch
des Krieges über Bord geworfen wurde und einer viel raschem und praktischem
Lösung durch den Flieger entgegenging.
Zu den durch den Krieg besonders geförderten technischen Wissenschaften
gehört die Luftbildaufnahme durch den Flieger. Innerhalb von vier Jahren
1 S. Finsterwalder: Über die Konstruktion von Höhenkarten aus Ballonaufnahmen. Sitz.-B.
d, math.-phys. Kl. der k. Bayr. Akademie d. Wiss. XXX. 1900, S. 160.
2 A. Laussedat: Sur un moyen rapide d’obtenir le plan d’un terrain en pays de plaine d’après
une vue photographique prise en ballon. Comptes rendues. Paris 1903.
3 R. Thiele: Über präzise Aufnahmen von Plänen der Niederungen großer Flüsse, ihrer Mün
dungen u. Deltas m. Hilfe der Photographie u. Drachenphotographie. Eders Jahrbuch 1903.
4 A. Schell: Die stereophotogrammetrische Ballonaufnahme für topographische Zwecke.
Sitz.-B. d. k. k. Akad. d. Wiss. zu Wien, Abt. IIa, Wien 1906.
5 Th. Scheimpflug: Über Ballonphotogram me trie u. die Auswert, von Ballonphotographien
zu Karten u. Plänen auf photographischem Wege. Sitz.-B. d. k. k. Akad. d. Wiss. zu Wien. Abt. IIa,
Wien 1907.
6 A. le Mée: Construction d’une carte topographique au moyen de deux vues liyperstéréo-
scopiques prises en aéroplane. Intern. Archiv f. Photogrammetrie. Wien u. Leipzig II. 1911, S. 280.
7 G. Kämmerer: Th. Scheimpflugs Landesvermessung aus der Luft. Intern. Archiv f. Photo
grammetrie. III. Wien u. Leipzig 1912, S. 196—226. — Aérophototopographie, Photoperspectographe
et Photocarte. La conquête de l’air. 1. 3. 1913. — La photogrammétrie aérienne 1913, Nr. 80,
S. 225—245. — Photograph. Landesaufnahme vom Luftschiff aus. Deutsche Luftfahrer-Zeitschr.
1913, Nr. 24, S. 569-574.
8 Egon Dewidels: Die Aufnahme von Neuland durch Aerophotogrammetrie. Allg. Ingenieur-
Zeitg. Wien 1913, Nr. 9 u. 10.
9 Th. Scheimpflug: Über österreichische Versuche, Drachenphotogramme kartographisch
zu verwerten u. deren bisherige Resultate. S.-A. aus der Photographischen Korrespondenz 1903.
10 Th. Scheimpflug: Der Raketenapparat des sächsischen Ingenieurs Maul. Intern. Arch.
f. Photogramm. Wien u. Leipzig I. 1908, S. 213.