Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Neuaufnahmen mit Fliegerbildern, 
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wendigen Festpunkte aus der Luft geschehen kann. Man hat Methoden zur Fest 
punktbestimmung aus der Luft mehrfach vorgeschlagen. So könnte man dadurch, 
daß der Sonnenstand mit auf die photographische Platte gebracht wird, jede Auf 
nahme in eine einfache geometrische Beziehung zur Erdachse bringen, und infolge 
dessen irdische Marken, die auf verschiedenen, durch Vermittlung der Sonne in Zu 
sammenhang gebrachten Aufnahmen abgebildet werden, in ihrer Lage zu den Auf 
nahmeorten des Luftfahrzeuges bestimmen. Vorausgesetzt wird dabei, daß die gegen 
seitige Entfernung einzelner dieser Marken im Gelände gemessen wird, damit der 
Längenmaßstab jeder Einzelaufnahme gegeben werden kann. Auch wäre erforder 
lich, jene Marken vor der Aufnahme so zu bezeichnen, daß sie auf der photographischen 
Platte ohne Zweifel erkannt werden können. So oder in ähnlicher Weise ließen sich 
vielleicht Festpunktbestimmungen aus der Luft ausführen. Solchen Spekulationen 
geht auch S. Finsterwalder nach und kommt zu der Überzeugung, daß die Mög 
lichkeit einer Lufttriangulation besteht. 1 Daß alle derartigen, theoretisch möglichen 
Verfahren sehr umständliche Rechenarbeiten erfordern,' ist ohne weiteres klar, weil 
ihnen im Gegensatz zu den Vermessungen auf der Erde die unmittelbare Beziehung 
auf die Horizontale fehlt. Irdische Vermessungen lassen sich wegen dieser einfachen 
Beziehung auf die Horizontale, die nur durch fest aufgestellte Geräte vermittelt 
werden kann, nach den Regeln der ebenen Trigonometrie berechnen, Luftaufnahmen 
dagegen nur im dreidimensionalen Raum. 
Aber wenn schon die Umständlichkeit der rechnerischen Auswertung die Fest 
punktbestimmung aus der Luft zu einer praktisch sehr schwierigen Aufgabe macht, 
die zu lösen nur in Ausnahmefällen lohnt, versagt die Luftbildaufnahme, wenn von 
der Festpunktbestimmung dieselbe Genauigkeit verlangt wird, wie sie irdische Tri 
angulierungen ohne weiteres erreichen. Finsterwalder gibt selbst zu, daß bei einer 
Lufttriangulation die Genauigkeit mindestens 50 fach geringer als bei der Boden 
triangulation ist. Die Verwirklichung einer Lufttriangulation käme erst dann in 
Frage, wenn für eine Aufnahme in unvermessenem Gelände die äußerste Schnelligkeit 
geboten wäre. 
Der eigentliche Grund der Unsicherheit, mit der sich Winkelgrößen auf photo 
graphischen Platten ermitteln lassen, auch bei Verwendung der feinsten Geräte zur 
Ausmessung der Platten, liegt darin, daß die Genauigkeit der photographischen 
Winkelmessung hauptsächlich von der Länge der Brennweite abhängt, und zwar 
derart, daß eine Kammer mehrere Meter lang sein müßte, wenn mit ihr Winkelgrößen 
ebenso genau ermittelt werden sollten wie mit einem kleinen Landmeßtheodolit von 
18 cm Kreisdurchmesser und einem Fernrohr von etwa 80 cm Länge. Dieser 
Genauigkeitsgegensatz zwischen photogrammetrischer und unmittelbarer Winkel 
messung ist der Natur dieser verschiedenen Meßverfahren eigentümlich und läßt sich 
durch keinen technischen Fortschritt der Luftbildmessung beseitigen. Selbst wenn 
man nicht davor zurückschrecken wollte, Kammern von so ungeheurn Ausmaßen 
im Luftfahrzeug zu verwenden, würde man dennoch die erstrebte Genauigkeit nicht 
erreichen, weil durch die große Länge der Kammer neue Fehlerquellen, wie die nicht 
vollkommen feste, Verbindung zwischen Linse und Plattenebene, das Schwanken 
1 S. Finsterwalder: Alte und neue Hilfsmittel der Landesvermessung. Festrede, geh. i. d. 
öffentl. Sitzung der k. Akademie d. Wiss. am 15. November 1916. München 1917. — Den Gedanken 
gang gibt kurz wieder O. Eggert i. d. Z. f. Verm.-W. 1920, S. 540, 541.
	        
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