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Die Kartenaufnahme,
technische Umstände beschleunigte Neuherausgaben, die in großer Auflage her
zustellen gar nicht nötig ist, dann wird selbstredend die Luftbildaufnahme ein wesent
licher Faktor zur Auffrischung des amtlichen Kartenmaterials sein.
134. Irrungen beim Fliegerbildlesen. Das Fliegerbild will gelesen und verstanden
sein. Trotzdem ist man vor groben Fehlern bezüglich der Grundriß- und Gelände
darstellung nicht sicher. So erscheinen z. B. im Sommer Kleefelder auf den Flieger
bildern wie Waldstücke. Nur eine Winteraufnahme kann zuweilen die richtige Auf
klärung geben. Überhaupt ist die Frage zu erwägen, in welcher Jahreszeit gewisse
Landschaften am besten für topographische Zwecke aufzunehmen sind. Der Spät
herbst ist recht geeignet, doch hat er wieder den Nachteil in der kurzen Dauer der
Aufnahmezeit. Neuschnee läßt viele Grundriß- und morphologische Formen aus
gezeichnet erkennen. Schon bei der Betrachtung der Photokarte von Scheimpflug
konnte sich E. Kohlschütter nicht der Befürchtung verschließen, daß die ver
schiedene Färbung der einzelnen Ackerstreifen je nach der Jahreszeit zu irrigen Auf
fassungen führen kann. 1
Die Beschaffenheit der Wege ist aus dem Fliegerbild nicht zu ersehen. Nur
wer viele Fliegerbilder wegen des Straßennetzes zu vergleichen gelernt hat, wird
einige Fertigkeit in der Beurteilung der Wege erhalten, aber auch dann sind Irrtümer
nicht ausgeschlossen. Der Verlauf von Wegen im Walde ist schwer oder gar nicht
auf der Bildaufnahme zu erkennen. Die Schneisen sind nicht von den Wegen zu
unterscheiden. Desgleichen erkennt man aus dem Luftbilde nicht den Zustand der
Brücken, Furten, die Gangbarkeit der Wiesen und sumpfiger Gelände, einzelne Weg
weiser und Bildstöcke. All diese und andere Einzelheiten, wie die Namen der Orte,
Berge, Wälder usw. sind eben nur durch eignen Augenschein und durch Erkundungen
an Ort und Stelle und bei den Einwohnern festzustellen. Also das Begehen des Ge
ländes durch den Trigonometer oder Topographen, vorausgesetzt, daß dies Begehen
auch möglich ist, bleibt nicht erspart, auch nicht nach den neuesten Aufnahmemethoden.
135. Das Versagen des Fliegerbildes bei der Terraindarstellung. Die karto
graphische Darstellung des Geländes läßt sich mit dem Fliegerbild nicht ohne
weiteres bewerkstelligen. Wer selber geflogen ist, weiß, daß schon in einer Höhe von
noch nicht 1000 m Höhenunterschiede von 50 m und mehr kaum noch wahrzunehmen
sind. Alles scheint eingeebnet zu sein. Nur ein geübtes und topographisch geschultes
Auge vermag z. B. an der Verschiedenheit der Beleuchtung am Schatten bei schräg
stehender Sonne Höhenunterschiede, Berge und Täler zu entdecken, während in
Kulturgebieten Krümmungen und streckenweises Verschwinden von Straßen und
Wegen, unregelmäßige Gestalt der Felder und Ackerfurchen die Unebenheiten des
Landes zur Not erkennen lassen.
Benachbarte, zum großen Teil sich deckende und kurz hintereinander auf
genommene Bilder lassen sich im Baumglas (Stereoskop) im beschränkten Maße
dazu benutzen, das Geländebild orographisch zu erschließen und kartographisch zu
fixieren. Wir nennen die zu diesem Zwecke auf genommenen und zusammengesetzten
Bilder „Fliegerraumbilder“. Außer der ordnungsmäßigen Raumwirkung treten auf
den meisten senkrechten Fliegerraumbildern noch scheinbare Hebungen und Sen
1 E. Kohlschütter: Die Scheimpflug-Kammerersche Landvermessung von Luftfahrzeugen
aus. P. M. 1914. I. S. 274.