Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die Luftfahrer- oder Luftschifferkarte und die praktischen Flugkarten. 
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bild- und spezielle Flugbildkarte an, haben doch die Luftschiffer zuerst auf die Karten 
aufnahme durch das Luftschiff hingewirkt. Unter Berücksichtigung dieser Zusammen 
hänge dürfte man die Betrachtung der beregten Kartenart hier nicht als un 
erwünscht sehen. 
In der kurzen Entwicklung des Flugkartenwesens können drei Abschnitte unter 
schieden werden, gemäß der Entwicklung der Flugzeuge, des Freiballonfahrers, des 
Luftschiffers und des Fliegers. Nicht gleich sind die Forderungen der drei, bedingt 
durch die Eigenart ihrer Fahrzeuge. Da der Apparat des Fliegers eine so glänzende 
Vervollkommnung und unglaublich schnelle Entwicklung erfahren hat, ist der Frei 
ballonfahrer mit seinen Anforderungen an das Kartenbild vollständig ins Hinter 
treffen gekommen. Schon ist seine Stimme bei der Bearbeitung der Flugkarte so gut 
wie ausgeschieden. Die „Fliegerkarte“ ist Trumpf geworden; und wegen des geringen 
Absatzes dürfte vorderhand nur die Herstellung einer allgemeinen, allen Flugzeugen 
dienenden Kartenart, die allerdings wesentlich von den Wünschen des Fliegers be 
stimmt ist, geboten sein. 
Das Wichtigste ist für alle drei Gruppen von Luftfahrzeugen, daß sich ihre Führer 
schnell orientieren können. Diese Orientierung ist in größerer Höhe vielfach 
leichter als direkt auf der Erde, weil ein ansehnliches Stück Land, das unter dem 
Fahrzeug selbst viel Ähnlichkeit mit einer Karte in riesenhaftem Maßstab besitzt, 
überblickt wird; aber auch sehr viel schwieriger kann sie werden, weil Wolken- und 
Nebelbildung, plötzliche Änderung der Luftströmung die Ursachen sind, daß man 
sie völlig verliert und um sie in ganz anderer Gegend wieder zu gewinnen, lediglich 
auf die Karte allein angewiesen ist. Für sämtliche drei Fahrzeugarten ist notwendig, 
auf der Karte Orte und Gegenden kenntlich zu machen, wo eine gute Landung möglich 
ist, sodann die Orte, in deren Nähe sich Flugzeughäfen, Reparaturwerkstätten be 
finden und von denen Betriebsstoffe leicht zu beziehen sind. Wird auf die Erfüllung 
dieser Forderung ganz entschieden Gewicht gelegt, so wird die andere als unnötiger 
Ballast der Karte hinfällig, nämlich alle Hindernisse und Klippen kenntlich zu machen, 
die durch orographische Unebenheiten, industrielle Anlagen usw. dem Landen der 
Fahrzeuge Gefahr bringen. Der Vorschlag, der die verschiedenen Häfen je nach 
Windschutz und Vorräten an Ersatzteilen in bestimmte Klassen einteilen und danach 
verschieden bezeichnen will, läßt sich durch eine kleine Signaturvariante der guten 
Landeplätze vollständig genügend erzielen. Die zahlreichen Signaturen, wie sie 
Moedebeck in drei Gruppen, Orientierungs-, Sicherheits- und Sportsignaturen, vor 
geschlagen hat 1 , wären künftig auf ein Minimum zu beschränken. 
142. Flugstraßeii und Höhenschichten als flugkartographische Probleme. Noch 
vor dem Kriege wurde die im Verhältnis zur Windgeschwindigkeit so geringe Eigen 
geschwindigkeit der Luftschiffe als ihre Achillesverse angesehen. Heute klingt es 
anders. Die Luftschiffahrt klebte damals zu sehr noch an der Erde, wie die alte See 
schiffahrt an der Küste. Damals hieß es, die Luftschiffe können gar nicht tief genug 
fahren, um ihre Leistungsfähigkeit möglichst zu entfalten und Gas zu sparen. Heute 
muß dieser Standpunkt als überwunden gelten, für den Flieger war er übrigens nicht 
da. Daß damals die Kenntlichmachung der Flugstraßen im Brennpunkt des flug 
1 Moedebeck: Die Luftschiffkarte des Deutschen Luftschiffer-Verbandes. P. M. 1909, Heft 10. 
„Kartographischer Monatsbericht“. — Offizieller Bericht über den Stand der aeronautischen Land 
karte von Deutschland, gleichfalls von Moedebeck. 
'Eckert, kartenwissenscbaft. I 1 ^
	        
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