Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Der Maßstab. 
307 
Noch sind die Maßstabbegriffe nicht Gemeingut der Kartenbenutzer geworden 1 , sonst 
würde H. Haack dem Hauptkatalog von J. Perthes (Gotha 1915) einen Anhang 
mit erklärender Karte „Der Kartenmaßstab: Erläuterungen für Laien“, nicht bei 
gegeben haben. 1 2 
Die modernen Maßstabbezeichnungen lehnen sich zunächst an eine wichtige 
meßbare Linie des Kartennetzes an. Für Übersichtskarten der Erde ist der Äquator 
die gegebene Linie. Ist die Mercatorprojektion auch die Seekartenprojektion kat 
exochen, bedient sich ihrer doch die Landkarte in zahlreichen Fällen, und als Übersichts 
karte der Erde behauptet die Mercatorkarte heute trotz vieler berechtigter Gegen 
strömungen teilweise noch das Feld. Der jüngere Herrn. Berghaus ist, wie H. Wagner 
nachweist 3 , bahnbrechend vorgegangen, als er auf seine Allgemeine Weltkarte in 
Mercators Projektion (Gotha 1859) schrieb: „Äquatorialmaßstab 1:55500000 
der natürlichen Größe“. Der Ausdruck „Äquatorialmaßstab“ oder „Maßstab im 
Äquator“ hat sich seitdem gehalten und seit 1876 trägt H. Wagners Umrißkarte 
der Erde die Bezeichnung „Äquatorialmaßstab 1 :20000000“. Auch meiner, bei 
Wagner und Debes im Jahre 1908 erschienenen Weltkarte in flächentreuer Projektion 
habe ich den Äquatorialmaßstab 1 : 20000000 4 und der entsprechenden Handumriß 
karte 1 : 90000000 gegeben. Die flächentreue Weltkarte in meinem Wirtschafts 
atlas der deutschen Kolonien (Berlin 1912) trägt die Bezeichnung: Äquatorial- und 
Mittelmeridianmaßstab 1 : 150000000, wobei lediglich die Gesamtlänge vom Äquator 
wie auch vom Meridian zu verstehen ist. 
Für die polwärts wachsenden Längengrade der Mercatorprojektion hat man 
graphische Maßstäbe konstruiert. Mercators berühmte Karte trägt noch keinen 
derartigen Maßstab. Er begegnet uns am frühesten auf der Karte von Henricus 
Hon diu s: Navigatio ac itinerarium Johannis Linscotani. Hagae-Comitis 1599. 5 
156. Der Meridian als Maßstabträger. Nächst dem Äquator war der Mittel - 
meridian die gegebene Maßstablinie. Erst nachdem man nach 1880 gelernt hatte, 
die äquidistanten (mittabstandstreuen) Azimutalprojektionen bei jeder Erdlage an 
zuwenden, hat der Maßstab Bezug auf die Meridiane genommen. Bei den Karten 
netzbildern von Wenz und Kartenprojektionstheoretikern seiner Zeit finden sich 
keine Andeutungen über Meridionalmaßstäbe. 1892 gibt A. Breusing in seinem 
Werkchen über Das Verebnen der Kugeloberfläche für Gradnetzentwürfe drei 
kleine Planiglobenkärtöhen in pol-, äquator- und zwischenständigem speichentreuem 
Entwurf, leider ohne Maßstabbezeichnung. Erfreulicherweise liest man in Debes 
Neuem Handatlas (Ausgabe 1913) bei den Erdhälftenkarten von einem Raclial- 
1 Was für Unklarheiten über den Maßstab herrschen, dazu gibt die unsachgemäße Behandlung 
des Abschnittes „Maßstab“ eine treffliche Illustrierung bei A. Hoderlein: Anleitung zum Krokieren, 
Kartenlesen u. f. Geländeerkundung. 7. Aufl. Nürnberg 1916. 
2 Die Erläuterungen sind auch einzeln käuflich zu erwerben. — Über den Maßstab wird im 
Briefkasten einer der bekanntesten illustrierten Wochenschriften ein Einsender wörtlich so belehrt: 
„Der Maßstab auf Ihrer Landkarte, 1:25000, bedeutet, daß eine Verkleinerung der Karte erfolgte, 
insofern als 1 cm gezeichnet wurde für eine Strecke von 25000 cm = 1 / i km. Sie können daher mit 
dem Metermaß genau feststellen, wie weit ein Ort vom andern entfernt ist, wenn Sie das gewonnene 
Ergebnis mit 25000 cm oder 1 / i km multiplizieren.“ (!) 
3 H. Wagner, a. a. O., S. 38. 
4 M. Eckerts Flächentreue Umrißkarte der Erde. 4 Bl. mit Angabe der Einzelfelder. Äquatorial 
maßstab 1: 20000000. Wagner & Debes. Leipzig 1908. 
5 Wiedergegeben in A. E. Nordenskiölds „Facsimile-Atlas“. Stockholm 1880, S. 97. 
20*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.