' Der Maßstab.
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dient sich hierzu, je nachdem die Unterlagen beschaffen sind, verschiedener Methoden.
Entweder wird die Länge eines Meridiangrades auf der Karte gemessen und diese
in die wahre Länge eines Meridiangrades dividiert, oder man wendet die Distanzen
messung an, indem man die Entfernung zweier oder mehrerer Orte auf der Karte
ausmißt und mit bekannten Karten vergleicht. Dazu läßt sich gegebenenfalls ein
größerer, sauber gearbeiteter Globus vorteilhaft gebrauchen. Die erstgenannte
Methode ist angebracht, wenn die Karte Gradnetzteile erkennen läßt; fehlen sie, so
läßt sich aus dem Meilenmaßstab einer solchen Karte der Maßstab nicht ohne weiteres
berechnen, es sei denn, daß man weiß, wie groß die Wegmaße, die im Meilenmaßstab
verkürzt wiedergegeben sind, ihrem wahren Werte nach sind. 1 Daß es mit einer großem
Anzahl vergleichender Streckenmessungen zuw r eilen nicht getan ist, einen zufrieden
stellenden Maßstab für ältere Karten zu gewinnen, hat H. Walser an der Gyger-
karte des. Kantons Zürich nachgewiesen. Weil diese alte topographische Karte (1667)
offenbar aus verschieden genauen Teilen zusammengesetzt ist, wurde es notwendig,
den Maßstab der genauesten Partien zu finden, zu welchem Zwecke ein Maß für die
Genauigkeit der einzelnen Teile der Karte zu bilden gesucht wurde. Walser gelangt
alsdann zu dem brauchbaren Maßstab 1 : 82 000. 1 2
Liegen maßstablose Karten j üngern Datums vor, so können die trigonometrischen
Eixpunkte nach der zweiten Bestimmungsmethode von Nutzen sein. Dies günstige
Moment kommt für ältere Karten, wo es an und für sich mit der Position der Ört
lichkeiten nicht gut bestellt ist, in Wegfall und eingehende Vergleiche und Erwägungen
müssen zu einem halbwegs brauchbaren Ergebnis führen. Diesen Arbeiten begegnen
oft ungeahnte Schwierigkeiten, wie H. Wagner an der Maßstabbestimmung M. Gassers
über Phil. Apians Bayrischen Landtafeln nachgewiesen hat 3 , für die Gasser einen
Maßstab von 1 : 186000 berechnet hat, Wagner jedoch einen solchen von 1 : 145000. 4
Bei ältern Karten spricht man außerdem von einem abgerundeten Maßstabe,
was hier schließlich dasselbe wie ,,mittlerer“ Maßstab bedeutet. E. Oberhummer
macht in seinen historisch-geographischen Studien einen Unterschied (wenigstens
sprachlich) zwischen beiden Maßstabbezeichnungen. So ist der Maßstab des Planes
von Wien des Steinmetzmeisters Bonifacius Wolmuet aus Frankfurt a. M. (um 1547)
„rund 1 : 800“, und der Plan von Wien in Kupferstich von dem Nürnberger Künstler
Augustin Hirschvogel (1488—1558) besitzt einen „mittlern Maßstab von 1 : 1880“. 5
1 Auf obiger Methode fußt die Konstruktion der Scala geographica universalis aus d. J. 1704
von Limbrunn. Durch diesen Universalmaßstab sollte sich bei Untersuchung von Landkarten ohne
Maßstabbezeichnung die Anfertigung von besondem Maßstäben erübrigen; s. Dom. von Limbrunn,
a. a. O., S. 360.
2 E. Walser: Veränderungen der Erdoberfläche im Umkreis des Kantons Zürich seit der Mitte
des 17. Jahrh. Untersuchungen, angestellt auf Grund der topographischen Karte von J. C. Gygcr
aus dem Jahre 1667. XV. Jahresbericht der Geogr. Ges. von Bern 1896, S. 14ff.
3 H. Wagner, a. a. O., S. 63—70.
4 Man könnte sich bei dieser Maßstabsbestimmung auch von rein praktischen Erwägungen leiten
lassen. Die große Ausgabe der Karte ist im Maßstab ca. 1: 45000 konstruiert. Nachdem ihrer Ver
öffentlichung Schwierigkeiten entgegenstanden, hat sich Apian zu einer reduzierten Ausgabe ent
schlossen. Dabei ist sehr wahrscheinlich, daß er einen dreimal kleinem Maßstab als den ursprüng
lichen wählte; das wäre dann ein solcher von ca. 1: 135000, welche Zahl der von Gasser ermittelten
nahezu entsprechen würde. (Bei 1: 145000 wäre das Reduktionsverhältnis 3 2 / 3 !)
5 E. Oberhummer: Der Stadtplan, seine Entwicklung und Bedeutung. Vortrag, \erhandlgn.
des XVI. Deutschen Geographentages zu Nürnberg. Berlin 1907, S. 91.