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Die Kartographie als Wissenschaft.
geschaffen:.,,Wir müssen solche Karten gebrauchen, auf denen der Grad der Generalisa
tion uns erlaubt, die Natur vereinfacht zu betrachten, ohne daß die Vereinfachung auf
Kosten der Wahrheit der charakteristischen Teile geschieht“. 1 Mithin soll nach Mehe-
dinti die Natur weder in allzu großer Nähe, noch aus allzu großer Ferne betrachtet
werden. Das wäre kartographisch mehr als bedenklich. Dann wären unsere groß-
maßstabigen topographischen Karten zur Induktion gar nicht geeignet, obwohl sie
z. B. zu geomorphologischen Detailstudien viel zweckdienlicher als kleinmaßstabige
sind. In einseitiger und logisch nicht einwandfreier Weise zieht Mehedinti noch die
Projektion heran, um die Genauigkeit der kartographischen Induktion einigermaßen
zu stützen. 1 2
Wer das Wesen einer Karte recht erfaßt und in die Seele ihrer Entwicklung hinein
blickt, dem wird die Karte eine dauernde Quelle der Induktion sein, die den Forschungs
trieb mächtig anregt, zu neuen Versuchen ermuntert, das Kraftgefühl weckt und bei
jedem Gelingen steigert und zuletzt den Wert objektiver Wahrheitserkenntnis un
mittelbar schätzen lehrt. Wie die Chemie ist die Geographie und mit ihr die Karto
graphie eine induktive Erfahrungswissenschaft im eigentlichsten Sinne des Wortes.
Immer wieder muß auf die Beobachtung und Erfahrung zurückgegangen werden,
immer wieder muß das Kausalitätsgesetz, das die ganze Natur beherrscht und auch
in uns entwickelt ist, erweckt und belebt werden; dann wird man auch die Karte im
Gang der geographischen Forschung richtig einschätzen und nicht überschätzen lernen,
d. h. bei Untersuchungen sich nicht nur auf das rein äußere Bild der Karte stützen,
wie wir oben bei Peschei hervorgehoben haben.
In der Induktion vollziehen sich viele Vorgänge, die wir eingehender bei der
Logik der Karte besprechen werden. Auch kann man die verschiedenen Weisen der
kartographischen Darstellung, wie sie A. Hettner darlegt 3 , unter dem Gesichtswinkel
der Induktion beleuchten. Aus der Dreiheit der räumlichen Auffassung der Objekte
als Punkt, Linie und Fläche und der qualitativen und quantitativen Art der Betrachtung
resultieren nach Hettner sechs Darstellungsweisen. Betrachtet man die allgemeinen
Werturteile, die auf diese Weise entstehen, unter dem Gesichtspunkte der mehr absoluten
oder mehr relativen Gültigkeit, kann man schließlich zwölf Darstellungsweisen ge
winnen. Nicht immer sind sie streng auseinanderzuhalten, und verschiedengradige
Übergänge und Wechselbeziehungen finden statt.
Mit der zweiten Art kartographischer Induktion mischt sich gern die Deduktion.
Die Karte erweist sich als ein geeignetes Gebiet, das Einzelne durch das Allgemeine
zu begreifen. Selbst zu neuen Gattungsbegriffen kann auf diese Weise vorgeschritten
werden, wenngleich der induktive Weg der gegebenere ist. Das läßt sich da nachweisen,
wo die Begriffsbildung nicht auf Gegenstände der unmittelbaren Sinneswahrnehmung
beschränkt ist. Sie erstreckt sich sodann ebensogut auf physikalische Vorgänge wie
auf rein geistige Dinge. „Gerade dadurch ist es der Kartographie möglich geworden,
sich auf Erscheinungen auszudehnen, die ihr sonst verschlossen geblieben wären.“ 4
Die mathematische Deduktion ist ein vorzüglicher Forschungsweg, die Karte
praktisch auszunutzen, der Morphologie sowohl wie der Kulturgeographie, der Statistik
und Nationalökonomie wertvolles Zahlenmaterial zu verschaffen. Die Vergleichung
1 iS. Mehendinti, a. a. O., S. 25.
2 S. Mehedinti, a. a. O., S. 26.
3 A. Hettner: Die Eigenschaften und Methoden, a. a. ()., S. 73ff.
4 A. Hettner, a. a. O., S. 19.