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Die Landkarte und ilir Lageplan.
Ph. Apians Karte von Bayern ist eine erste topographische Karte, die gleichaltrig
ist mit den chorographischen Karten von Mercator. In Bergämtern schlummern
noch Karten alter Bergwerksgebiete Deutschlands in großem Maßstabe und teilweise
mit geschickter schattenplastischer Geländezeichnung. Hettner scheint bei seinen
Ausführungen lediglich an die neuere Zeit der kartographischen Entwicklung zu
denken. Aber auch hier kann ich ihm nicht ganz beistimmen. Die topographischen
Aufnahmen am Ende des 18. und im 19. Jahrhundert haben weder ihre Methoden
noch ihre Darstellung hei den generalisierenden Methoden der Übersichtskarten
gesucht und gefunden. Ihre Methoden und Arbeitsergebnisse regelten sich von allein
nach dem Grade der Darstellbarkeit der in der Natur gemessenen Objekte. Wohl
schließe ich mich den Hettnerschen Ausführungen an, wenn man auf die kultur
geographischen Darstellungen, insonderheit auf Bevölkerungsverteilungskarten großem
Maßstabs hinblickt. Eür sie sind in der Hauptsache die Karten kleinern Maßstabes
maßgebend geworden, allerdings oft mit wenig Geschick und Zufriedenstellung, da
die methodische Überlegung mangelhaft war.
172. Wesen und Schwierigkeit des Generalisierens. Das Wesen besteht darin, aus
einer großmaßstabigen Karte eine kleinmaßstabige zu schaffen, was einmal durch Ver
einfachung, Verallgemeinerung und Vermittlung der Formenelemente geschieht,
sodann durch Auswahl und Beschränkung des Stoffes. Dabei ist die Wertscheidung
von großer Wichtigkeit, ob ein Gegenstand, wenn die Karte bei einem vorgeschriebenen
Maßstab dem gewünschten Zweck dienen soll, noch aufgenommen oder besonders
kenntlich gemacht werden soll. Man hat die durch Generalisieren gewonnene Karte
mit dem Auszug aus einem großen Werk verglichen 1 ; wie dieser alles Nebensächliche
fortläßt, die Einzelheiten zusammenzieht und die relative Bedeutung der Dinge ins
rechte Licht setzt, so ist die Vollständigkeit, die in der Spezialkarte eine absolute ist,
in der Reduktion eine relative geworden. Ein wesentlicher Unterschied besteht
dennoch zwischen Auszug und generalisierter Karte. Ersterer ist viel leichter zu
bewerkstelligen als eine gut generalisierte Karte. Das geschriebene Wort ist nicht
so peinlich wie der Zeichenstift und „versagt in diesem Funkte den Dienst“. 1 2 Nimmt
die Beschreibung direkt Bezug auf die Karte im kleinern Maßstabe, so wird sie nur
die allgemeinsten Züge hervorheben, nur hier und da auf Einzelheiten eingehen,
während die Karte die Einzelheiten bis zu einer gewissen Vollzähligkeit dem Maßstab
entsprechend aufweisen muß. Betont sei, daß die Reduktion bei der Generalisierung
nichts zu tun hat mit der „Reduktion“ oder „Reduzierung“ mittels Pantographen
oder photographischer Apparate.
Die Schwierigkeiten einer guten Generalisierung werden heute noch immer
unterschätzt. Es genügt nicht, um es nochmals zu wiederholen, eine Reduktion mit
photographischer Treue herzustellen, sondern es müssen Vereinfachungen und Ver
bindungen hergestellt, Details weggelassen und für den Zweck wichtig erscheinende
Objekte hervorgehoben werden. Um das zu erreichen, müssen nicht bloß die Original
karten gründlich durchgearbeitet werden, sondern auch die einschlägige geographische
Literatur, Statistik und verwandtes Kartenmaterial. Nur den geübtesten und besten
Kräften kann ein glückliches Generalisieren gelingen. Viele Zeichner meinen zu
1 H. Fischer, a. a. O., S. 73.
2 H. Wagner: Lehrbuch, a. a. O., S. 242.