Kartenschrift und Kartennamen.
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Karten sind in rückwärts liegenden Ziffern gestochen, entsprechend der rückwärts
liegenden Schrift für Gewässer, dagegen sind alle Höhenkoten in vorwärts liegenden
Ziffern gegeben. Die amtlichen Karten anderer Länder bringen die Höhenzahlen
in senkrechten Ziffern. Zumeist werden sie der Situationsplatte mit eingedruckt.
Hier und da treten Ausnahmen auf; so wird z. B. auf der Carte de la France dressée
par ordre du Ministre de l’Intérieur in 1 : 100000 die Höhenzahl blau (auf der Blau
platte der Gewässer) vorwärtsliegend gegeben.
192. Die Transkription der Kartennamen, ein ungelöstes Problem. Die Tran
skription oder die Umschrift ist ein heikles und auffällig gemiedenes Thema karto
graphischer Erörterungen. Das liegt in der Materie begründet. Auch ich kann hier nur
ganz allgemeine Richtlinien geben. Die Lösung des Problems liegt schließlich weniger
auf kartographischem als vielmehr auf philologischem Gebiete. Ferner kann auch
ein einzelner zu wenig erringen und hat nicht genug Ansehen, um seinen Ansichten
den nötigen Nachdruck zur allgemeinen (internationalen) Einführung zu verleihen.
Darum ist die Transkription der Kartennamen die Angelegenheit internationaler
Vereinbarungen. Aber auch von dieser Seite wird sie auf die „lange Bank“ geschoben
und kommt zu keinem befriedigenden Abschluß. Die Frage der Transkription hat
seit dem Venediger Kongreß (1881) die internationalen Geographenkongresse un
unterbrochen beschäftigt, insonderheit den V. zu Bern. Auf dem VII. internationalen
Geographenkongreß zu Berlin brachte Franz Schräder (Paris) in seinem Vortrag:
„La méthode de transcription rationelle généralè des noms géographiques“ seines
früh verstorbenen Freundes Christian Garnier zur Diskussion. Die Folge war: Eine
Einigung über die Transkription auf Garniers Grundlage wurde nicht herbeigeführt,
und sie wurde wieder dem permanenten Bureau des Kongresses überwiesen, auch
reichte Garniers Autorität nicht weit, obwohl er mit seinem Werke 1 viele Anregungen
für die Transkription der geographischen Namen gegeben hatte. Er wollte speziell
dem kommentarlosen Atlas dienen, wie Rob. Sieger, einer der kompetentesten Be
urteiler dieser Frage, bemerkt. 1 2 Sieger hat sich eingehend mit dem Werke Garniers
beschäftigt und kommt zu dem Schlüsse, daß dessen Methode, obwohl sie unzwei
deutig, übersichtlich und leichtverständlich ist und eine Anzahl glücklicher Gedanken
und trefflicher Einzelheiten aufweist, doch nicht geeignet sei, die ausschließliche
Grundlage einer internationalen Vereinbarung zu bieten. Garniers Methode ver
zichtet auf Hilfsbuchstaben, aber die Anwendung vieler diakritischer Zeichen, auf
die es bei ihm ankommt, belasten die Kartenschrift und damit das Kartenbild, und
bei den kleinen Namen der Karten sind sie kaum noch darstellbar und verschwinden
im Druck.
Wie kaum für ein anderes Kartenwerk ist für die internationale Weltkarte
die Transkription geographischer Namen eine der brennendsten Fragen geworden.
Die Londoner Beschlüsse von 1909 bestimmen, daß die Ortsnamen selbständiger
Länder oder von Gebieten mit Selbstverwaltung, die sich der Lateinschrift bedienen,
so wiedergegeben werden sollen, wie sie das betreffende Land anwendet. Ist bei
den wichtigem Orten neben den amtlichen Ortsnamen noch ein anderer Name beim
Volke im Gebrauch, soll dieser mit kleinen Buchstaben unter die amtliche Bezeich-
1 Chr.Garnier: Méthode de transcription rationelle générale des noms géographiques. Paris 1899.
2 R. Sieger: Chr. Garniers Versuch einer allgemeinen Transkription geographischer Namen.
P. M. 1899, S. 194 -196.
Eckert, Kart en Wissenschaft. I.
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