Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

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Die Landkarte und ihr Lageplan. 
weise. Viele Reisende klagen darüber, so E. v. Eiclithofen, daß es bei der Wortarmut 
der chinesischen Sprache und dem ähnlichen Klang verschiedener Silben oft un 
möglich ist, dasselbe Wort in seiner verschiedenen fremden Verkleidung wieder 
zuerkennen. 1 Der Translator hat gerade hier manche Klippe zu umschiffen, bevor 
seine Transkription der Kartennamen halbwegs brauchbar ist. Verschiedene Methoden 
sind aufgetaucht und wieder in der Versenkung verschwunden. Es ist schon ein 
Vorzug der Karte, wenn sie nach einer Richtung konsequent durchbenannt ist. 
Br. Hassenstein befolgte auf seiner Karte der Provinz Schantung, Gotha 1898, die 
Methode von Paul Hobel. Schon vordem behandelte Hassenstein in dem Atlas von 
Japan 1 2 die Orts- und Völkernamen als einen wesentlichen Bestandteil der Karte, 
dessen kritisch gründliche Darstellung er zu den Pflichten des wissenschaftlichen 
Kartographen zählte. Auf die richtige Schreibweise von Kioto und Tokio anstatt 
Kiyoto und Tokiyo oder Tokyo und Kjoto kommt J. J. Rein eingehender zu sprechen. 3 
Ein deutscher Meister in der Rechtschreibung geographischer Namen und ihrer zweck 
mäßigen Transkription war Heinrich Kiepert. Das bekunden seine Karten von 
Kleinasien, der Türkei und sein neuer Handatlas. „Dem streng wissenschaftlichen 
Geist, von dem das Ganze (der Atlas) durchdrungen ist,“ huldigte in einer wohl ab 
gewogenen Anzeige Karl Neumann 4 , wie J. Partsch schreibt, und fügt hinzu, daß 
darüber die Konkurrenz ein sauersüßes Gesicht schnitt. 5 
194. Orthographisches uncl phonetisches Prinzip in der Transkription. Für die 
Richtigkeit der Umschrift kann entweder das orthographische oder das phonetische 
Prinzip maßgebend sein. 6 In Geographenkreisen neigt man mehr zu ersterm Prinzip. 
Schon J. J. Egli (Zürich), der Begründer der geographischen Namenkunde, bekannte 
sich dazu 7 , desgleichen auf dem V. internationalen Geographenkongreß zu Bern 
R. Sieger (Wien), J. V. Barbier (Nancy), G. Gambino (Palermo) und Coello (Madrid). 
Einwände gegen das Prinzip brachte G. Ricchieri auf dem VI. internationalen Geo 
graphenkongreß zu London 1896. Eine Klärung hierüber sollte der VII. zu Berlin 
1899, herbeiführen; hat sie aber nicht herbeigeführt, wie man schon aus meinen An 
deutungen auf S. 353 entnehmen kann. 
Auch bei der Transkription kann man nicht für die ganze Erde nach einer 
Schablone verfahren und soll nicht aus Prinzipienreiterei an Althergebrachtem und 
Eingebürgertem rütteln. Denn wenn man ganz konsequent sein will, kommt man 
leicht zum Absurden, und mancher Name weicht so von der gebräuchlichen Schreib 
art ab und wird so verballhornisiert, daß er von Laien gar nicht wieder erkannt wird. 
Man wird sich am besten danach richten, was sich mit den Mitteln der herrschenden 
nationalen Orthographie erreichen läßt, und wird dabei eine gewisse „mittlere Ge 
1 F. v. Richthofen: China. I. Berlin 1877, S. XXII. 
2 In 7 Blättern in 1: 1000000 und einem Übersichtsblatt 1:7500000. Gotha 1887. 
3 J. Rein: Über die verschiedene Schreibweise geographischer Namen. Vortrag. Verh. d. 
XVII. Deutsch. Geographentags zu Lübeck 1909. Berlin 1910, S. 185 ff. 
4 Schon von einer seiner ersten Karten H. Kieperts „Generalkarte des türkischen Reiches 
in Europa und Asien usw.“ (Berlin, D. Reimer 1855) wird gerühmt, daß sie sich durch die strenge Be 
rücksichtigung der sprachlichen Elemente auszeichnet. P. M. 1855, S. 378. 
5 J. Partsch: Heinrich Kiepert, ein Bild seines Lebens und seiner Arbeit. S.-A. aus d. G. Z. VII. 
1901, S. 34. 
6 Die Russen schreiben streng phonetisch. Auch die kroatische Schreibweise ist phonetisch. 
7 J. J. Egli i. Deutscher Rundschau f. Geogr. u. Statistik. XI. 1889, S. 8.
	        
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