Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Allgemein Methodisches und Kritisches. 
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zu ersparen. Ihre Hauptaufgabe bleibt indessen die sich anhäufenden Tatsachen unter 
einen einheitlichen sichtbaren Ausdruck zu bringen, so ähnlich wie die Tatsachen von 
der wissenschaftlichen Zusammenfassung unter einer möglichst einheitlichen Norm 
gebracht werden. Durch die wissenschaftliche und kartographische Zusammenfassung 
werden die geographischen Gedankenmassen besser behalten und leichter rückläufig 
wieder gefunden oder, wie der Psychologe sagt, die apperzipierenden Vorstellungen 
flüssiger erhalten. Damit ist aber eng der andere Vorteil verbunden, direkt höhere 
Operationen zu ermöglichen, ohne alle Reihen von Anfang an wieder durchlaufen zu 
müssen. 
7. Die Kartellkritik. In der Kartographie wissen viele nicht Theorie, Hypothese 
und Tatsachen auseinanderzuhalten. Wir geben zu, daß dies unter Umständen nicht 
leicht ist, und A. Hettner kommt zu dem Schluß, daß es ein großer Mangel der karto 
graphischen Darstellung ist, daß sie den hypothetischen Charakter der Eintragung 
nicht deutlich vom sichern Wissen unterscheiden kann. 1 Daß es jedoch möglich ist, 
wenigstens auf den topographischen und verwandten Karten das Hypothetische vom 
Wirklichen zu unterscheiden, werden wir bei der Erörterung des „Verläßlichkeits 
diagramms“ sehen. Wo derartige Handhaben oder textliche Aufklärungen fehlen, ist 
es in der Tat schwer, das Fragliche vom Wirklichen zu trennen. Um aber auch dies zu 
können, genügt kein Wissen, das lediglich aus Büchern geschöpft ist, sondern ein lang 
jähriges sorgfältiges Studium der verschiedenen kartographischen Aufnahmen, Methoden 
und Materien und ein fortwährendes Vergleichen vieler Karten. Zugleich wird man auch 
zu der Einsicht geführt, daß die Methoden der kartographisch wissenschaftlichen 
Forschung sehr mannigfaltig sind, daß überhaupt keine Methode endgültigen Wert 
besitzt, wie schon Streffleur in Wien und C. Vogel in Gotha betonten. 
Vor länger als einem halben Jahrhundert klagte E. v. Sydow darüber, daß ein 
großer Teil des Publikums vollständig ohne Kritik über kartographische Arbeiten ist 
und sich durch äußerliche Reizmittel bestechen läßt. 1 2 Mir will es dünken, als wenn es 
heute noch nicht wesentlich besser geworden wäre, denn man muß bedenken, daß heute 
die Forderungen an Karte und Kritik höher gestellt werden als vor einigen Jahrzehnten. 
Durch das schöne glänzende Äußere lassen sich leider auch heute viel zu viele über den 
innern Wert der Karte täuschen. Hier muß die Kritik scharf und gerecht einsetzen. 
Man kann die helle Entrüstung der Sachkenner verstehen, mit der sie manches Karten 
zeugnis in Grund und Boden verdammen. 
Die Kartenkritik soll wohl erwogen und gerecht sein und sich erst nach wieder 
holtem Beschauen der Karte formen. Wie schnell sind leider viele mit dem Urteil über 
eine Karte fertig. Es ist beschämend, von welchen Einseitigkeiten, schiefen Ansichten 
oder Voreingenommenheiten manche Kartenkritiken wimmeln. Selbst Wissenschaftler 
entblöden sich nicht, kartographische Erzeugnisse ihrer Schützlinge als ansehnliche 
Leistungen hinzustellen, eben weil sie das Wesen, den Geist der Karte nicht recht ver 
stehen. So spricht manche Kartenkritik von einer Leichtfertigkeit des Beurteilenden, 
über die der Fachmann den Kopf schüttelt. Wir verkennen durchaus nicht die Schwierig 
keiten, die dem Kartenkritiker in dem Kartenbilde vorliegen. Schier ausgeschlossen 
erscheint es manchmal, ein gerechtes Urteil zu fällen, wenn man nicht die Entstehung 
der Karte ab ovo kennt. 
1 A. Hettner, a. a. O., S. 25. 
2 E.v. Sydow: Der kartogr. Standpunkt Europas am Schlüsse des Jahres 1859. P.M. 1860, S.475.
	        
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