Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Darstellung der von der Natur gegebenen geographischen Objekte. 
357 
nauigkeit“ (Koppen) befolgen. Auf diesem Gebiet der geographisch-philologischen 
Tätigkeit gibt es noch viel zu tun. Die Karten können nur gewinnen. Selbst in 
sprachlich wenig oder nicht gemischten Gebieten harrt der Rechtschreibung und 
Vervollkommnung der Namengebung noch manche dankenswerte Aufgabe. 1 Schon 
die Einführung der neuen deutschen Orthographie hat für die Namen der Karte 
mißliche Zustände hervorgerufen; es sei nur an die Orte mit den Anfangsbuchstaben 
0 oder K oder an die mit der Endungssilbe „thal“ erinnert. Aber auch ohne diese 
orthographischen Neuerungen ist z. B. die Namengebung der Karte des Deutschen 
Reiches in 1 : 100000 noch verbesserungsbedürftig, desgleichen die französische Karte 
1 : 80000. 
B. Die zweidimensionale Darstellung auf der Karte. 
I. Darstellung der von der Natur gegebenen geographischen Objekte. 
195. l)ic Entwicklung des Küstenumrisses. Die Scheidung des Trocknen vom 
Flüssigen hat die Menschengemüter seit Anfang der Menschengeschichte berührt und 
bewegt. Die Berührung war so nachhaltig und griff von allem Anfang an tief in die 
Entwicklung des organischen Lebens ein 1 2 , daß tiefer schürfende Geister des Alter 
tums die Scheidung auf einen göttlichen Schöpfungsakt zurückführten. Zur völligen 
Klarheit rang man sich durch, als es Menschengeist und Menschenhand gelang, sich 
von der großartigsten und auffälligsten Erscheinung auf dem Erdrund ein Bild, eine 
Karte zu machen. Doch ehe dies gelang, mußten Jahrtausende in dem Ozean der 
Weltgeschichte versinken. Abgesehen von den schwächlichen kartographischen Ver 
suchen des Altertums blieb es dem Mittelalter Vorbehalten, die Präliminarien zu 
einem Weltbild zu schaffen, das aber zum ersten Male richtig in späterer Zeit, im 
17. Jahrhundert erfaßt wurde, und dessen Kernpunkt in der Zeichnung der Küsten 
gliederung der Kontinente beruht. 
Ein langes und interessantes Kapitel geographisch- und kartographisch 
historischer Untersuchung eröffnet sich, die Entwicklung und Vervollkommnung 
der Küstenlinie an der Hand urkundlichen Quellenmaterials vom Altertum bis zur 
Neuzeit zu verfolgen und aufzustellen. Die Geschichte der Entdeckung gibt hierfür 
einen guten Wegweiser. Das Quellenmaterial liegt nicht gleichmäßig angehäuft und 
oft so zerstreut, daß es schon die Arbeitskraft eines Einzelnen auf Jahre hinaus be 
schäftigen würde, die Entwicklung der Küstenumrisse der gesamten Kontingente 
historisch lückenlos nachzuweisen. Landkarten sowohl wie Seekarten wären dazu 
gleichmäßig heranzuziehen. Für einzelne Küstengebiete, so von deutschen und 
holländischen Küstenabschnitten, auch für einzelne Kontinente, wie für Afrika 3 , 
1 Vgl. J. Partsch: Eine Aufgabe der Kartographie im Riesengebirge. Hirschberg 1887. Ent 
hält Berichtigungen und Ergänzungen zur geographischen Nomenklatur des Riesengebirges. 
2 A. Penck spricht sich ähnlich aus am Schlüsse seiner Abhandlung: Das Verhältnis des Land- 
und Wasserareales auf der Erdoberfläche. S.-A. aus d. Mit. d. Geogr. Ges. in Wien 1886, S. 15. ftj 
3 Z. B. F. Umlauft: Afrika in kartograph. Darstellung von Herodot bis heute. Wien 1887.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.