Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

Darstellung der von der Natur gegebenen geographischen Objekte. 
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Großmaßstabige Karten müssen wegen der Gesamtanlage des Blattes ihr Haupt 
augenmerk auf die hydrographische Ausstattung des Landes richten. Die Richtigkeit 
der Situation ist in hohem Grade davon abhängig. Die Aufnahmen in der Natur 
können nicht sorgfältig genug hergestellt werden, selbst wenn sie wie die sumpfigen 
Flußgelände höchste Anforderungen an die physischen und intellektuellen Kräfte des 
Topographen stellen. Bei den deutschen Aufnahmen ist es üblich, Bäche und Gräben 
bis zu einer Breite von etwa 2 m noch in zwei Linien zu zeichnen. Wasserläufe, die 
man ohne weiteres überspringen kann, werden durch einfache Linien dargestellt. 
Dabei ist streng darauf zu achten, daß durch kleine Pfeilstriche die Richtung des 
Laufes angegeben wird. Es wäre zu wünschen, daß man von dieser Art Pfeile auf 
den Handatlaskarten reichlicher Gebrauch machen würde, hauptsächlich auf den 
Spezial- und Nebenkarten. 
Die Flüsse mit den Uferlinien zu zeichnen, geht bis ins graue Altertum zurück 
und ist bis in neuere Zeiten hinein die üblichste Darstellungsart geblieben. Auf den 
ältesten Dokumenten wird die Wellenbewegung des Wassers mit dargestellt, wie beim 
Euphrat auf dem ältesten Stadtplan, den wir kennen, auf einer Keilschrifttafel im 
Britischen Museum zu London; dieser Stadtplan von Babylon dürfte um die Mitte 
des 7. Jahrhunderts v. Chr. entstanden sein. 1 Die gleiche Wasserbezeichnung erkennt 
man auf den römischen Flurplänen von Tarracina und Minturnae. Auf allen Spezial 
karten werden die Flüsse, bei denen die Uferlinien weit genug auseinandergezogen 
sind, mit schmückendem Beiwerk versehen, weniger mit fabelhaften Tieren wie die 
Meere, wohl aber mit Fischen und Fahrzeugen. Auf der ersten wirklichen Landkarte, 
die wir besitzen, auf der Mosaikkarte von Mateba (Mataba, Madaba), die zwischen 
520 und 550 n. Chr. entstanden ist 1 2 , erkennen wir, wie sich Fische im Jordan 
tummeln, indessen nicht im Toten Meer, das nur von Ruderbooten befahren wird. 3 
Aus der Zeit der Renaissance melden sich die Karten des nordwestlichen und 
östlichen toskanischen Gaus von Leonardo da Vinci. 4 In Seb. Münsters Cosmo- 
graphie (1544) erblicken wir die Flüsse als Flußbänder, die auf die Karte wellig auf 
gelegt und in den Windungen schraffiert erscheinen. Sogar als geflammte Bänder 
1 Der Plan ist wiedergegeben auf S. 72 der Verh. des XVI. Deutschen Geographentages zu 
Nürnberg 1907 in dem Vortrag von E. Oberhummer: Der Stadtplan, seine Entwicklung und geo 
graphische Bedeutung. — Zuerst brachte das Bild der Keilschrifttafel mit der babylonischen Erd 
karte P. Haupt in „Über Land und Meer“, Bd. 73, 1894—95, S. 348. — Auch K. Weule bringt es 
in „Weltall und Menschheit“, s. a. III., S. 317. — Der Vortrag von Oberhummer enthält ferner die 
Abbildungen der oben weiterhin nachgenannten römischen Flurpläne. 
2 W. Sie gli n nimmt an, daß die Karte kurz vor 527 entstanden ist. Mit. u. Nachr. des deutsch. 
Palästina Vereins 1897, S. 79. 
3 Kretschmer: Die neugefundene Mosaikkarte von Madaba nach dem Originalberichte des 
Entdeckers. Mit. u. Nachr. d. deutsch. Paläst.-Ver., hg. von Guthe. Leipzig 1897. — Ad. Schulten: 
Die Mosaikkarte von Mataba und ihrVerhältnis zu den ältesten Karten und Beschreibungen desHeiligen 
Landes. 3 Karten, 1 Taf. Berlin 1900. Abh. d. k. Ges. d. Wiss. zu Göttingen. Philol.-histor. Kl. 
Neue Folge, IV. Nr. 2. — Kubitschek: Die Mosaikkarte Palästinas; Mit. d. Geogr. Ges. in Wien. 
1900. Jacoby: Das geographische Mosaik von Madaba. Die älteste Karte des Heiligen Landes. 
Leipzig 1905. — E. Klostermanns Ausg. des Eusebianischen Onomasticons (in der Ausg. der christl. 
griech. Schriftsteller der Berliner Akademie) nimmt auch auf die Karte von Madaba Bezug. — Die 
Mosaikkarte von Madaba im Aufträge des Deutsch. Vereins zur Erforschung Palästinas, gezeichnet 
von P. Palmer, hg. u. erläutert von Guthe. Leipzig 1906. 
4 Beide Karten, wie auch die dritte von Leonardo da Vinci sind von E. Oberhummer in The 
Geographical Journal 1909, XXXIII, S. 544, 545 u. 548 nach Jean Paul Richter: The literary 
works of Leonardo da Vinci“, Bd. 2, London 1883, wiedergegeben worden (s. Anm. 6, S. 361).
	        
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