Darstellung der von der Natur gegebenen geographischen Objekte.
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203. Quelle und Mündung. Die Quellen führen ins Gebirge hinein. Viele früh
mittelalterlichen Karten richten darauf ihre ganze Aufmerksamkeit. Insonderheit
hatten es die Nilquellen den Karten angetan. Sie so groß wie möglich darzustellen,
gehörte zu dem Vorzug der Karte. 1 Auf Mönchskarten sowohl wie auf Karten der
Renaissancezeit und später sehen wir viele andere Flüsse in allerhand runden und
ovalen Quellen, ganz gleich ob sie in der Natur vorhanden waren oder nicht, ent
springen. 1 2 Selbst auf der Karte von Cassini zeigen sich kleine rundliche Quelltümpel
als Ursprung der Bäche. Die nachcassinische Zeit führt dafür den Punkt ein, auf
topographischen Karten zuweilen eine besondere Quellensignatur oder die Be
zeichnung Source oder Font 6 (Fontaine).
Flußmündungskarten, die in ihrer Art hart an die Seekarten grenzen, sind von
altersher detailliert ausgearbeitet worden. Selbst mehr binnenwärts gelegene Strom
strecken, wo sich bedeutende Binnenumschlags- und Verkehrsplätze entwickelt haben,
zeigen teilweise eine ähnliche ins Einzelne gehende Darstellung.
204. Flußschiffbarkeit. Besondere Flußkarten und Stromsysteme. Ein großer
Fortschritt der Flußkarte des 18. Jahrhunderts war die Angabe der Orte, wo der
Fluß schiffbar (navigable) und wo er für Seeschiffe benutzbar (flottable) wurde. 3
Frankreich ist mit dieser Bezeichnung maßgebend geworden. 1782 gab der General
direktor der Kanäle, Gauthey, eine Karte von Frankreich heraus, worauf schiffbare
und nicht schiffbare Flüsse, fertige und nicht fertige Kanäle unterschieden wurden. 4
Der Anker zeigte nicht bloß den Ankergrund an der Küste und im Ästuar an,
sondern auch die Stelle im Binnenland, von wo ah der Fluß der Schiffahrt diente.
Diese Signatur hat sich seitdem nicht verloren und ist Gemeingut, sogar von Volks-
sclmlatlanten geworden.
Die amtlichen Flußkarten, auf die ich oben hinwies, werden von den Staaten
für allerhand hydrotechnische Arbeiten herangezogen. Methodische und praktische
Zwecke haben gleichfalls zur Herausgabe besonderer Flußkarten geführt. 5 Wegen
der bessern Vergleichbarkeit, die verschiedenen Stromsysteme durch buntfarbiges
Rand- oder Flächenkolorit voneinander zu scheiden, ist eine alt bewährte Methode 6
und erfreut sich heute noch großer Beliebtheit auf Schul- wie auf Handatlas- und
Studienkarten. 7
1 So z. B. im Theatrum orbis von Ortelius, 1570.
2 Auf der Tiroler Karte von Wolf gang Lazius in den „Typi chorographici Austriae“ (1561)
zeigen viele Quellen eine tümpelartige Erweiterung, die wir auch schon auf Karten des Ptolemäus in
der Romausgabe von 1490 sehen; z. B. auf T. V in Nordenskiölds Facsimile-Atlas.
3 Vgl. Dupain-Triel: Carte générale des fleuves, des rivieres, et des principaux ruisseaux
de la France avey les canaux actuellement construits. Paris 1781. [U.-Bi. Göttingen.]
4 Carte de chaînes des montagnes de la France, des ses principales iivieres, et des principaux
canaux de navigation, faits, ou à faire, dans ce Royaume. Bourgogne, le 8. Sept. 1782. Dessiné sous
la direction de Mr. Gauthey.
5 Nur von den altern Karten dieser Art sei hervorgehoben: Flußnetze über alle Teile der Erde
zum Gebrauch für Militärschulen und Gymnasien von Frh. v. Plotho. Berlin 1844.
6 Auf der Karte Nr. 2 aus Sansons Atlas universel, die betitelt ist ,,L'Hydrographie ou de
scription de l’eau“, Paris 1652, sind die Stromsysteme durch Randkolorit voneinander getrennt;
durch Flächenkolorit auf Homanns hydrographischen Karten von Deutschland (1710 u. 1725).
7 Die Übersichtskarte in 1:2000000, die der „Wasserkarte der Norddeutschen Stromgebiete“
(s. Anm. 4. S. 365) beigefügt ist, bringt die Flüsse blau und unterscheidet buntfarbig durch Fläehen-
und Randkolorit die einzelnen Stromgebiete.
Eckert, Kartenwissenschaft. I.
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