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Die Landkarte und ihr Lageplan.
und Kenntnisse teils gegen sie, teils zu ihrer Vervollkommnung an. Dieses „Corriger
la nature“ offenbart sich am ursprünglichsten und großartigsten in dem Gewinn an
Kulturfläche.
Unter Kulturfläche der Erde verstehe ich die Erdoberfläche, soweit sie nutzbare
Pflanzen, insonderheit Nahrungspflanzen für Menschen und Tiere liefert oder zum
Anbau von Kulturpflanzen geeignet ist. Weit in nördliche Gebiete hinein trieb der
Mensch den Getreidebau, bis die 15° Isotherme des wärmsten Sommermonats ihm
ein Halt gebot. Trotzdem ist die Kulturfläche kleiner als die Ökumene. Von der
149 Millionen Quadratkilometer großen Landoberfläche des Erdballs entfällt auf die
Kulturfläche nicht ganz die Hälfte und davon auf Acker und Wiesen bzw. Weideland
über 300 Millionen Quadratkilometer. 1 Daran schließen sich die Wälder mit ge
regeltem Forstbetrieb (S. 371).
Für die wirtschaftende Menschheit werden mit jedem Jahre die Fragen bren
nender: Wie ist die landwirtschaftliche Fläche intensiver auszunutzen, wie ist sie
zu vergrößern, wie zu verbessern? Die Kulturstaaten, insonderheit die dicht be
siedelten, haben ein lebhaftes Interesse daran, sich bei der Beantwortung der Fragen
über die Verteilung der ihnen zur Verfügung stehenden Kultivationsfläche ein Bild
zu machen. Die Feldvermessung, die schon hei den alten Ägyptern in hoher Blüte
stand, tritt auf den Plan und schafft durch großmaßstabige Karten, die Kataster
pläne, Klarheit. Der Maßstab 1 : 5000 hat sich für diese Karte als brauchbar er
wiesen und ist nach französischem Vorhilde von Bayern konsequent durchgeführt
worden. Daneben ist der Maßstab 1 : 2500 mit Erfolg angewendet worden (s. S. 225).
Für geographische Arbeiten und Forschungen werden die Katasterkarten nur in
seltenen Fällen herangezogen. Im allgemeinen begnügt man sich mit den Meßtisch
blättern, indessen wäre nicht selten angebracht, wie wir nachgewiesen haben, auf
Karten großen Maßstabs zurückzugehen, nicht bloß bei Siedlungs-, sondern auch
bei Wirtschafts- und andern kulturgeographischen Studien.
210. Felder und W iesen im Kartellbilde. Auf den Meßtischblättern bleiben alle
Bodenflächen, die der Beackerung unterliegen, frei von irgendwelcher Bezeichnung,
ganz gleichgültig, ob die Felder regelmäßig bestellt oder nur in großem Zwischen
räumen mit Feldfrüchten bestellt werden. Die amtliche spanische Karte in 1 : 50000
zeigt eine ausgesprochene Feldsignatur, indem feine gewellte Linien, den Ackerfurchen
entsprechend, aneinandergereiht werden. Soweit diese Signatur auch anzuerkennen
ist, die offiziellen Karten Deutschlands, Frankreichs und Englands würde sie be
lasten, ohne Signatur sind die gewünschten Verhältnisse klar und deutlich aus der
Karte zu lesen. Auf ältern Spezial- und Manuskriptkarten werden ganz allgemein
die Ackerfurchen durch Gruppen paralleler Linien dargestellt. 1 2
Die Wiesen hingegen werden mit einem besondern Zeichen bedacht. Der
Topograph bezeichnet als Wiesen solche Bodenflächen, die nicht beackert werden,
ganz gleich, ob sie gelegentlich zur Weide benutzt oder regelmäßig zur Heugewinnung
gemäht werden. 3 Die deutschen Meßtischblätter unterscheiden durch besondere
Signaturen trockne Wiesen von nassen Wiesen und diese wieder von Hutung bzw.
1 Vgl. M. Eckert: Grundriß, a. a. O., S. 63.
2 Auf einer Manuskriptkarte [N. Bi. Paris] „Places fortes de l’Alsace“ (1674—1677) werden die
Felder durch die oben beschriebene Sondersignatur gut von den Wäldern unterschieden.
3 Br. Schulze: Das militärische Aufnehmen. Leipzig Und Berlin 1903, S. 165.