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Die Landkarte und ihr Lageplan.
er durch Größe, Form und Namen der Ortssignaturen aus, nicht so sporadisch, wie
es Specklin getan hatte. Ottens benutzt die Ortsringel und drückt bedeutendere
Orte durch Aufriß mit Turm und Häuser aus. 1 Doch reichen diese Unterscheidungen
nicht an die von Merian heran und an die gleichzeitigen von G. Fr. Meyer. 1 2 Dieser
zählt in seiner Explicatio Notularum folgende Zeichen auf: Urbs, Fortalitium, Pagus
cum templo, Pagus cum Terra nobili, Arx, Monasterium, Officinallitriana, Villa.
Für die Officinallitriana, die ein Haus vorstellt, dem eine mächtige Rauchsäule ent
steigt, hatte Heb. Münster bereits ein mit Schornstein versehenes Gebäude 3 und
Cassini hat dafür nur das Haus mit der 1 Beischrift „Manufacture“ übernommen. Fast
zur selben Zeit, da G. Fr. Meyer seine Ortseinteilung brachte, sagte J. G. Gregorii
in seinen Curieusen Gedancken (1713), daß bei den Städten ein besserer Unter
schied zu machen sei: „daß z. B. eine große Stadt und Festung in ihren Fortifikationen,
eine mittelmäßige Stadt mit drei Türmen, eine kleine mit zwei und ein Flecken mit
einem präsentiert würden. Die Dörfer werden insgemein durch ein O angedeutet,
mit Ausnahme auf Spezialkarten“.
Die Differenzierung der Ortssignaturen kam im 18. Jahrhundert zur vollen
Blüte, wo auch die meisten heute noch üblichen Signaturen erfunden wurden. Den
Höhepunkt einer fein gegliederten Signatur erreichte Müllers Chorographische
Karte von Böhmen 1757 4 , der sich 1774 der Atlas tyrolensis von P. An ich und
Bl. Hu eher würdig anreiht. 5 Selbst J. G. Lehmann hatte keine detailliertere Si-
naturentafel ausgearbeitet. 6
Nach tiefer gehenden kartographischen Unterschieden in der Bedeutung der
Orte lag kein Bedürfnis vor. Noch fehlte es an einem klaren und wirkungsvollen
1 Atlas von Reinier (Reiner) Ottens. Amsterdam 1703—09. 6 Bde.
2 Geo g Friedr. Meyer: Alsatiae superiores et inferioris accurat, geograph. descriptio.
Basel 1703.
3 Die Karte des Lebertales im dritten Buche von Seb. Münsters Kosmographie.
4 Carte Chorographique de la Boheme v. Müller. Paris 1757. (En neuf Feuilles egalles
aux vingt cinq Petittea.) Erklärung der Zeichen: Vermaurte Königliche Städte, gemeine Städte,
Städte ohne ruigmauern, Marktflecken, Schlosser, Herrenpaläste und Rittersitze, Marktflecken mit
Schlossern, Dörfer ohne Kirchen, Dörfer mit einem Schloß, Dörfer mit Kirchen und Schloß, Lange
dörfer, Einschichtige Mayerhöfe, Hin und wieder zerstreuete bauernhöfe, Clöster, Capellen, Wurtz-
liäuser (= Cabaret oder Cauponae solitariae), Post Wechsel, Warme bäder, Sauerbrunnen, Messing
werke, Kupferhämmer, Eisenhämmer, Drat mühl, Alaunsiederej en, Sallitereyen, Gemeine muhlen,
Jägerhäuser, Weingarten, Landstraßen, Bisthümer, Alte schlösser, Wunderthatige gnadenbilder,
Wofor alters dörfer gestanden, Einsiedeleyen, Glashütten, Bergwerke (Gold, Silber, Zinn, Kupfer,
Eisen, Bley, Vitriol, Zinober, Alaun, Schwefel),Uberfuhrten, Berge (M). — Die Karte ist später ver
kleinert herausgegeben worden als „Le Royaume de Boheme“. Frankfurt, bei Job. Chr. Jaeger 1778.
[Beide Karten in U.-Bi. Göttingen.]
5 Auf der berühmten Tiroler Karte werden folgende Örtlichkeiten unterschieden: „Stadt, Markt
flecken, Groß zerstreutes Dorf, Mittelmäßig zerstreutes Dorf, Großes Dorf, Mittelmäßiges Dorf, Kleines
Dorf, Weiler, Schloss, zerfallenes Schloss, Edelsitz, zerfallener Edelsitz, Schildhof, einzelner Hof,
einzelnes Wirthshaus, Alpen, Bischofssitz, Deutsches Haus, Abtey, Kloster mit etlichen Häusern,
Kloster, Wallfarten, Pfarr, Einsiedeley, Gränzfestungen, Pass durch das Gebirg, Wachthaus, Block
haus, Marksteine, Feldlager, Wallstadt, B. oder M. Berg, Senkrechte Lage der Berggipfel, Moos, Ferner
oder Eisglitscher, See oder Weyer, Fl. Fluss oder Bach, Ba. oder B. Bachlein, Postwechsel, doppelte
Post, Bergwerk, Schmölzhütte, Kohlplatz, Glashütte, Pulvermühl, Baadhaus, Sauerbrunn, Land
strassen, Samerschlag, Gerichts- und Burgfrieden Gränzen, Landgränzen.“
6 J. G. Lehmann: Anweisung zum richtigen Erkennen u. genauen Abbilden der Eidober
fläche in topographischen Karten u. Situationsplänen. Mit 7 Kupfertafeln. Dresden 1812.