Allgemein Methodisches und Kritisches.
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machte Gesetze verbunden würden, bey einer jeden Charte beyzusetzen, wo sie solche
her haben, auß was vor Nachrichten solche verzeichnet worden, auf was vor Observa
tiones sich solche gründe, deßgleichen das Jahr, wann sie solche ediren, etr., welches
aber nicht zu hoffen ist. Übrigens handelt auch von denen Verbesserungen der Land-
Charten in das besondere, das mehrmahlen angezogene Essai sur l’Etat present de la
Geographie Art. 3. welches aber auch einige Cautelen giebet, welche man bey solchen Ver
besserungen in acht nehmen muss. Zum Ex. daß man denen allerneusten und spezialsten
Charten nicht allemahl trauen solle, weilen auch diese öffters ungemeine Fehler haben,
auch in denen Stücken, worinnen sie von denen allgemeinen Charten abgehen.
Wie aber die Erfahrung in dem Augenschein zeiget, daß die mehrste Land-
Charten-Macher die Charten nur voneinander abstechen, also kann es seyn, daß ich in
derThat den größten Theil derer Land-Charten habe, wann ich auch kaum den viertenTheil
hätte, derer die von denen unterschiedenen Geographis gestochen worden. Also seynd
die Karten Mercatoris, Ortelii, Guilielmi Blaeuvv, Johannis Jansfonii, Blaeu der Waes-
bergiorum und die mehrste deß älteren Visfchers fast alle einerley, daß wer die Charten
deß einen hat, in der Tliat auch die Charten des anderen besitzet, dahero ich unter den
obigen Catologis auch einen Catalogum Parallelum von denenselben zu inserirengedencke.“
Die Quintessenz der Hauberschen Ausführungen muß jeder Kartenkritiker ältern
Karten gegenüber beherzigen, nämlich derartigen prätentiösen Prädikaten, wie tabula
novissima, accuratissima, recens nova et post omnes priores accuratissima delineatio
oder tiré des meilleurs autheurs, sur les mémoires les plus nouveaux, suivant les observa
tions des Messieurs de l’Acad. u. a. m. mit größter Vorsicht zu begegnen, da allerhand
Verschleierungsmittel, wie die Änderung des Autornamens, des Titels 1 , der Jahreszahl,
des Formates, der Orientierung, der Parerga und Illuminierung zur Verdunkelung des
Originals in ausgiebigster Weise gebraucht werden.
Energisch machen die ,.Homannischen Vorschläge“ gegen Nachstich und Nach
druck Front 1 2 , obwnhl J. B. Homann im Anfang seines Geschäftes seit 1710 in Nürnberg
selbst viele andere Karten nachgestochen hatte. In den Vorschlägen wird einigemal
von den „Sudelkarten“ gesprochen. „Dannenhero ist leicht zu gedenken, w r as von denen
in Hast und Eyl verfertigten Land- und Atlassen der Sudler zu urtheilen. Ein solcher
Atlas ist nichts anderes als ein blindlings durch den Nachstich und mittels der elendsten
Behelfe der Verjüngung und Vergrößerung aus andern zusammengerafftes und gleich
einem Bettlers Mantel zusammengesticktes Werk, das nur allein dienen soll, die Ge-
winnst-Begierde des Verlegers zu stillen.“
Ähnlich wie Ortelius, Mercator, Sanson, Delisle nachgedruckt und aus
genutzt worden sind, wunden um 1800 J. Rennel und A. Arrowsmith in England
ausgebeutet. Daß es jedoch Arrowsmith selbstmit demNachdruck nicht so genau nahm,
wissen w T ir von A. v. Humboldt, der von der Benutzung seiner Karte von Neuspanien,
die er 1804 bearbeitet und in zwei Blättern seinem großen geographischen und physischen
Atlas vom Königreich Neuspanien, Paris 1809, beigegeben hatte, durch Arrowsmith
nicht gerade sonderlich erbaut war. 3
1 Selbst vor einer spiegelbildlichen Wiedergabe des Titels wurde nicht zurückgeschreckt.
2 Homannische Vorschläge von den nötigen Verbesserungen der Weltbeschreibungs-
W T issenschaft und einer disfals bey der Homanni sehen Handlung zu errichtenden neuen Academie.
Nürnberg 1747, S. 8, 9.
3 A. v. Humboldt: Über eine Karte von Neuspanien herausgegeben von Arrowsmith,
i. J. 1810. v. Zaelxs „Monatl. Correspondenz" XXV. Gotha 1912, S. 265—272.