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Die Landkarte und ihr Gelände.
auf der Karte des Berner Oberlandes (1577) sehr gut die Steilformen von den niedrigem
abgerundeten Formen. 1 Augustin Hirselivogel zeichnet auf der Karte von Ober
österreich aus dem Jahre 1542 den Traunstein (Draunstein mons altissimus) im Salz
kammergut unverkennbar deutlich und groß, wesentlich besser als Wolfgang Lazius
(Laz) auf der Karte Österreichs vom Jahre 1562, die wohl mehr Berge bringt, aber
das Charakteristische der Berge nicht erfaßt hat, selbst nicht in der Umgebung von
Wien, die Lazius genauer kennen mußte. Daß er das Formenelement der Berg
zeichnung gar nicht beherrschte, bezeugt ferner seine Karte Tirols aus dem Jahre 1561. 1 2
W. Ygl läßt in seiner Holzschnittkarte von Tirol vom Jahre 1604 die Ötztaler
Gletscherregion dominieren, gewiß durch den Eindruck beeinflußt, den der 1600 er
folgte Ausbruch des Vernagtferners bei den Zeitgenossen hervorgerufen hatte. 3 Die
gleiche Karte hebt den Monte Baldo am „Gardsee“ besonders hervor. Auf Mathias
Burgklehners Karte von Tirol aus dem Jahre 1611 kann ich keine charakteristischen
Bergzeichnungen entdecken und stimme da mit Oberhummer überein, daß man,
entgegengesetzt der Meinung von Ed. Bichter, in den Bergen Burgklehners weniger
Naturtreue als bei Ygl bemerkt. 4 Daß Ygls Karte kartographisch höher als die
prunkvolle von Burgklehner steht, erkennt auch Bichter an. 5 Im zweiten Band der
Sansonschen Kartensammlung in der Nationalbibliothek zu Paris befindet sich eine
Karte (Nr. 19) „Partie meridionale des Estats de Savoye“ vom Jahre 1690, worauf
die Montblancgruppe gegenüber den niedrigen Bergen und Hügeln des übrigen Landes
durch Formengröße und -reichtum ausgezeichnet ist. Die Karte scheint auf der großen
Karte Savoyens von Tomaso Borgonio (1680) zu beruhen. 6 Die Borgonionische
Karte gehört zu den Meisterwerken alter Kartographie, an die betreffs der Gelände
darstellung die spätere Karte der Schweiz von J. J. Scheuchzer 1712 knapp heran
reicht. Es wurde üblich, die Schweizer Karten mit ausnahmsweise hohen Bergen aus
zustatten. 7 Dazu hatte die Schweiz selbst reichlich Vorbilder gegeben.
1 Th. Schöpf: Bernatum urbis cum — agro et provinciis delineatio chorographica. Bern 1577,
9 Bl. Maßstab ca. 1: 120000 (nach R. Wolf).
2 Näheres über Hirschvogel und Lazius vgl. „Wolfgang Lazius, Karten der österreichischen
Lande und des Königreichs Ungarn 1545—63“, hg. v. E. Oberhummer u. Franz Wieser. Innsbruck 1906.
Mit 20 photolithogr. Tafeln.
:i Warmund Ygls Karte, im Maßstab von ca. 1:250000, ist die erste größere Karte von
Tyrol. [Exemplare davon in der Hofbibi. Wien, im Ferdinandeum in Innsbruck und in der U.-Bi.
Göttingen.]
4 E. Oberhummer: Die ältesten Karten der Ostalpen. Z. d. D. u. Ö. A.-V. 1907, S. 11.
5 Eduard Richter hat einen guten Neudruck der Karte mit erläuterndem Text herausgegeben:
Mathias Burgklehners tirolische Landtafeln 1608, 1611, 1620. Wien 1902. Richters Ausführungen
werden ergänzt und teilweise berichtigt durch L. Rangger, s. Oberhummer (Anm. 4). In der Z. d.
D. u. Ö. A.-V. 1917 sind zwei Blätter aus Burgklehners „Tirolischen Landtafeln“ (Große Holzschnitt
ausgabe von 1611, Bl. 10 und 11) reproduziert.
6 Sie wurde 1672/77 ausgeführt und erschien in Kupfer gestochen 1680 in Turin; die 15 Blätter
schwanken in dem Maßstab 1: 144000 bis 1: 166000. Abb. u. Lit. s. bei E. Oberhummer. Z. d. D. u.
Ö. A.-V. 1909, S. 15 u. 17.
7 Folgende Karten aus der Göttinger Universitätsbibliothek wären hier anzuführen: Eine alte
Karte der Schweiz mit angrenzendem Stück von Tirol; s. auct., a. et 1. Darauf 3—5 cm hohe Berge,
wie auf der Karte „Ducatus Camioliae tabula geographia“ von Grienfeld und Kaltschmidt.
Labaci (Laibach) 1744. Die Formen wechseln von flach gezogenen bis zu Steilformen. — Carta degli
Stati di S. M. il Re di Sardegna contente il Piemonte, la Savoja, &c presa da la Carta originale del
celebre Borgonio con molet aggiunte, e miglioramenti di Andre a Dury 1765. Die Berge er
scheinen wie vom Luftfahrzeug aus gesehen, besonders auf dem Blatt, worauf die Pässe Grand