Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Das Morgendämmern neuer Geländedarstellungen. 
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winkel und bei schräger Beleuchtung die Schattenseite des Terrains durch lavierende 
Tuschtöne zum Ausdruck zu bringen und die steilsten Böschungen oder kräftigsten 
Schatten durch eine darüber gelegte Schraffur zu verstärken. Da diese Zeichnung 
zu leicht in Effekthascherei ausartete und Unwahrheiten entgegentrieb, wurde vor 
ihr gewarnt. 1 Daß die Österreicher bei Cassini und der französischen Schule gelernt 
hatten, dafür zeugen viele Karten, die von österreichischen Offizieren auf dem rheini 
schen Kriegsschauplatz aufgenommen und gezeichnet worden waren. So erscheinen 
auf der „Special Carte der Länder zwischen dem Ehern, der Mosel, Nahe und Saar 
bis an das Yogesische Gebirge, Hunsruck und Westrich“ 1 2 die Schraffen in langen, 
strahligen Strichen; die Abfälle nach den Flüssen sind besonders gut herausgearbeitet. 
Wirkungsvoll ist die Schraffenkarte „.Kriegs Theater der teutschen und franzoe- 
sischen Graenzlanden zwischen dem Bhein und der Mosel“ 3 ; die Schraffen, die leicht 
geschlängelt sind, verlieren sich nach oben zu in Punkte, wodurch eine gewisse Modu 
lation erzeugt wird. 
251. Die Erfindung der Schichtlinie. Im 18. Jahrhundert wmrzelt das epoche 
machende Verfahren einer andern Darstellung, nämlich der in Schichtlinien. Mit 
den bisherigen Geländebildern hat sie nichts Gemeinsames und entwickelt sich nur 
kümmerlich neben der neuern Schraffenkarte im 18. Jahrhundert, erhält aber mit 
dieser fast gleichzeitig die wissenschaftliche Begründung. 
Die Schichtlinienzeichnung mußte da erfunden werden, wo man zuerst den 
Höhen- oder besser den Tiefenverhältnissen erhöhte Aufmerksamkeit schenkte. Das 
war an der Wasserkante der Fall und vorzugsweise dort, wo schiffbare Flüsse mündeten 
und sich wichtige Umschlagplätze des Handels und Verkehrs gebildet hatten. Das 
Strombild muß an jenen wichtigen Stellen klar und sicher sein. Der Schiffverkehr 
verlangt dies. Für die verschieden tief gehenden Schiffe war es notwendig, zu wissen, 
wo sie ankern konnten. Darum mußten die Flußmündungskarten an der Meeres 
küste mit Lotungsangaben reich ausgestattet sein. Eine der bemerkenswertesten 
wie auch seltensten Karten dieser Dichtung ist die „Caarte van het Ije, vertoonende 
des selfs diepte voor en omtrent Amsterdam door ’t ys gepeylt in 1674. Gepeylt en 
op t’ papier gebracht door Nicolaes van der Hey de“, worauf fortlaufende Peilungs 
reihen von Schellingwoude bis über Zaan angegeben sind. Eine ähnliche Karte mit 
kontinuierlichen Eeihen von Ziffern der Stromtiefen existiert aus dem Jahre 1660. 4 
Auf den Gedanken, die gleichen Ziffern durch Linien zu verbinden, kam zuerst, 
soweit es sich bis jetzt nachweisen läßt, der niederländische Landmesser und Wasser 
1 Vgl. Tielcke: Unterricht für die Offiziers, die sich zu Feldingenieurs bilden. Dresden u. 
Leipzig 1769, S. 342 u. 359. 
2 In 4 Blättern hg. v. einem k. k. Ingenieuroffizier. Mannheim 1796. [Kriegsarchiv in Wien.] 
3 Herausgegeben von J. L. C. Rheinwald, zusammengesetzt von dem Landmesser P. De- 
warat in Mannheim 1798. [Kriegsarchiv in Wien.] — Die „Charte der Länder am Rhein von Coblenz 
der Mosel und Lahne südl. bis Mannheim“, 1:241300, Nürnberg, Kunsthandlung Adam Gottlieb 
Schneider und Weigels, 1801, ist weniger in der Schraffenzeichnung gelungen; wohl aber die spätem 
Rheingebietskarten, die schon weit ins 19. Jahrh. hineinragen und nicht mehr österreichischen Ur 
sprungs sind, wie „Das Land zwischen Rhein und Maas“, 1:400000, von dem preußischen Major 
C. v. Decker, 1828, und „Karte von dem mittlern Rheingebiete“, 1:480000, von K. F. V. Hoft- 
mann, Stuttgart 1837. — [Die drei letztgenannten Karten gleichfalls im Kriegsarchiv in Wien.] 
4 Wie mir der Amsterdamer Universitätsbibliothekar F. C. Wieser am 11. Mai 1914 brieflich 
mitteilte.
	        
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