440
Die Landkarte und ihr Gelände.
Anzahl die Insel in ihrer Konfiguration getreu abbilden würden. Du Carla wußte
über die Arbeiten von Buache Bescheid, trotzdem beansprucht er die Priorität der
Idee, das Land in Niveaulinien dargestellt zu haben. Seine Abhandlung wurde 1782
von Dupain-Triel (1722—1805) herausgegeben. Nach der gleichen Methode zeichnete
1799 Dupain-Triel eine Carte de la France où l’on a essayé de donner la configuration
de son territoire, pour une nouvelle méthode de nivellements. 1 Die Isohypsen sind
von 100 zu 100 m konstruiert, sie gewinnen nach der Höhe zu an Stärke. Unter der
Schichtlinie von 100 m sind die Isohypsen von 10 zu 10 m als punktierte Linien aus
gezogen. Die Karte wurde mit braunem Kolorit herausgegeben, aber so, daß die
Farbe innerhalb eines Höhenintervalls jedesmal nach der tiefsten Schichtlinie zu
intensiver wird. Selbst Gebirgszüge in Schraffen ziehen sich noch durch die Karte
und etwas Schatten wird rechtsseitig gelegt, wie beim Rhonetal und dem Montblanc
massiv. Die ganze Karte ist noch roh und unbeholfen. Dupain-Triel mochte dies
selbst gefühlt haben und betrachtet sie nur als vorläufigen Versuch, als „ouvrage
spécialement destiné à l’instruction de la jeunesse“; also nur für den Unterricht der
Jugend sollte sie bestimmt sein. Nochmals erscheint die Karte, unkoloriert, als
Beilage zu der zweiten Ausgabe der Abhandlung Du Carlas, die Dupain-Triel 1804
heraus'gab: Méthodes nouvelles de nivellements. Présentant des moyens exacts
et pratiques d’exprimer ensemble sur les plans et les cartes géographiques les dimensions
horizontables (!) et verticales des objets pour avoir la configuration précise du terrain,
mit dem Mémoire explicatif de la géographie perfectionnée, par de nouvelles
méthodes de nivellements, d’après Du Caria.
Ohne auf Du Carla oder Dupain-Triel Bezug zu nehmen, hat der geniale General
Johann Baptiste Marie Meusnier (1754—1793) die Idee der Schichtlinien den Forti-
fikationsarbeiten dienstbar gemacht.
Die Anwendung der neuen Geländedarstellung blieb auf kleine Gebiete be
schränkt, und die Ausführungen von Du Carla und Dupain-Triel haben nicht die
Verbreitung, die sie verdient hätten, gefunden. Mag dies auch mit der Schwierigkeit
der damaligen Verkehrsmittel Zusammenhängen, wie Licka vermutet 1 2 , das größte
Hemmnis bildete sicherlich die geringe Kenntnis von Höhenlagen und Höhen.
Obgleich uns das Altertum von trigonometrischen Messungen einer Anzahl
hoher Berge berichtet 3 , bestimmten im allgemeinen Phantasie und Sage die Berg
höhen. Seit den Zeiten des Plinius, der die Höhe einiger Alpengipfel auf 50000
römische Fuß (= 15 mal so groß wie der Montblanc) schätzte 4 , war es kaum besser
geworden, denn der gelehrte Jesuit Riccioli 5 gab 1672 dem Mont Cenis die vierfache
Höhe des Montblanc und dem Kaukasus eine Höhe von 10 deutschen Meilen. In
Seb. Münsters Kosmographie sind Gipfelhöhen von 2—3 und mehr deutschen Meilen
nichts Seltenes.
Im 18. Jahrhundert kam man einigermaßen zu richtigen Vorstellungen, wenn
auch die Wasserscheidegebirge das orographische Denken beeinflußten. Erst mußte
1 Erschienen An. VII (1799). Ein gutes Exemplar dieser Karte befindet sich in der Uni
versitätsbibliothek zu Göttingen.
2 Licka, a. a. O., S. 48.
3 H. Berger: Geschichte der wissenschaftlichen Erdkunde der Griechen. Leipzig 1903, S. 380.
4 Daß die Alten vernünftigere Vorstellungen von Berghöhen hatten, darüber vgl. außer H. Ber
ger auch A. v. Humboldt: Kleinere Schriften. I. Stuttgart u. Tübingen 1853, S. 445, 446.
5 Vgl. Peschei-Rüge, a. a. O., S. 62, Anm. 2.