Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Kartographie als Wissenschaft. 
gegenüber denen erster und zweiter Ordnung ausgedrückt wird, wäre dies ein großer 
Irrtum, denn unter Umständen kann das Original vierter Ordnung ebensowohl geistige 
Arbeit wie das erster Ordnung oder zweiter Ordnung erfordern, wenngleich nicht ge 
leugnet werden kann, das jenes sich technisch leichter meistern läßt. Ferner sei darauf 
aufmerksam gemacht, daß es verkehrt wäre, alle Karten in das hier aufgestellte System 
einzwängen zu wollen. Mancherlei Übergänge werden stattfinden. So steht offenbar 
die berühmte Deutschlandkarte in 1: 500000 von C. Vogel als Originalkarte zwischen 
den Originalen erster und zweiter Ordnung. 
Freilich reicht der innere Wert einer Originalkarte vierter Ordnung, wie es selbst 
verständlich ist, nicht an den derjenigen erster und zweiter Ordnung heran. Der Wert 
erwächst eigentlich erst in der Gesamtheit, in der Vielheit solcher Karten, die ein ge 
schlossenes Ganze, sagen wir: einen Atlas bilden. Viele Beurteiler werden die Original 
karten vierter Ordnung kaum noch als selbständige Originale anerkennen, aber in dem 
Zusammenschluß der von einem methodischen oder sonst ähnlichen Fortschritt zeugen 
muß, werden sie erst zu einem wahren Original verkörpert. Darum wird gerade der 
letzte Punkt einen guten Fingerzeig geben, die Originalität des Werkes zu untersuchen 
und festzustellen. Bei der kritischen Arbeit an einem Schulkartenwerk wird sich 
zum Kartographen und Geographen noch der Schulmann gesellen. Das pädagogische 
und psychologische Moment der Kritik hat hier wirksam zu sein (§ 6). 
Nun gibt es eine Anzahl von Karten, die sich einfach aus Stücken anderer Karten 
blätter zusammensetzen. Auch diesem Verfahren muß Maß und Riegel vorgeschoben 
werden. Man sollte sich auf die Regel festlegen: Ist mehr als ein Zehntel des Karten 
blattes bloßer Nachdruck einer Karte, verfällt es ohne weiteres wegen Nachdrucks 
den Strafmaßnahmen. Gesetzt der Fall, eine neue Karte setze sich aus fünf bis zehn 
Zehnteln der verschiedensten Karten zusammen, darf sie nimmermehr als Original 
angesprochen werden, selbst wenn sie auf eine gewisse Verarbeitung Anspruch erheben 
will und kann. Je schärfer man in dieser Richtung vorgeht, um so mehr nützt man der 
Kartographie wie der Geographie. 
Jede angewandte Karte erscheint von vornherein als eine Originalkarte. Zur 
Vollkommenheit dieses Originals gehört nicht bloß das Neue, das aus der physischen 
Erdkunde oder der Kultur- und Anthropogeographie in die Karte hineingearbeitet ist, 
sondern auch die Situation, was viele zu übersehen scheinen. Auch diese erfordert eine 
Neubearbeitung, es sei denn, daß die angewandte Karte in einem Verlag erscheint, 
der infolge seiner Druckplattenvorräte Situationsabzüge in reicher Anzahl gestattet. 
Die angewandte Karte, die die Situation von einem andern Kartenblatt ohne weiteres 
übernimmt, ohne dazu autorisiert zu sein, ist als Nachdruck strafrechtlich zu verfolgen. 
II. Die historische Methode in der Kartographie. 
10. Zweck und Aufgabe der historischen Methode. Für das Verständnis jeglichen 
wissenschaftlichen Problems, das innerhalb eines Wissenschaftsgebietes auftaucht, trägt 
die historische Methode ein gut Teil bei, in manchen Wissenschaften das meiste. Sie 
ist geeignet, Klarheit zu schaffen und die Bedeutung des Problems in das rechte Licht 
zu rücken, Talmi von Edelmetall zu trennen. Diesen Wert der historischen Methode 
verkennt vielfach unsere nervös hastende Zeit. Zuweilen verstehen junge Gelehrte 
die feinem historischen Zusammenhänge der Probleme ihrer Wissenschaft nicht mehr,
	        
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