Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Landkarte und ihr Gelände. 
Ausgaben dieser Karten verschwindet das Blattartige und genauere, ruhig und natürlich 
wirkende Formen erfreuen das Auge, so in der Karte der gefürsteten Grafschaft 
Tirol nebst Vorarlberg vom Jahre 1828. Am leichtesten waren nach der Schraffen- 
manier die weichen Formen der Mittelgebirge herauszuarbeiten, wie die Spezial 
karte des Königreichs Böhmen illustriert. 1 Meisterhaft behandelt und durchgeführt 
ist die Schraffe auf der Administrativ- und Generalkarte des Königreichs Ungarn. 1 2 
266. Schräge und senkrechte Beleuchtung der Schraffenkarte oder französische 
und deutsche Methode. Bereits am Anfang des Jahrhunderts verstehen die Franzosen 
die Schraffe mit einer Virtuosität zu handhaben, die fast alles bis dahin in Schraffen 
Ausgeführte in Schatten stellt, freilich kam es ihnen oft weniger auf eine korrekte 
Lage der Schraffe im Terrain (als Gefällslinie) als vielmehr auf den Effekt an. 3 Diesen 
wußte man durch die schräge Beleuchtung zu steigern und die Schraffe war kein ^us- 
drucksmittel des Böschungswinkels, sondern wie in alter Weise ein mannigfach vari 
ierter Schattenstrich. Es wurde üblich, von dieser Schraffendarstellung in schräger 
Beleuchtung als von der französischen Manier zu sprechen. In Frankreich hin 
wiederum sprach man von Karten in senkrechter Beleuchtung als von solchen in 
deutscher Manier (méthode allemande), die ja schematischer als die französischen 
waren, dafür aber weit gründlicher. 4 Die senkrechte und schräge Beleuchtungsmanier 
stand sich in Frankreich bald schroff gegenüber und führte zu einem langjährigen, 
heftigen Gedankenaustausch, der zuletzt auch Deutschland nicht unberührt ließ. 
Ich nehme später Gelegenheit, auf diesen Streit näher einzugehen. 
Trotz der fanatischen Verteidigung der schrägen Beleuchtung gab es in Frank 
reich genugsam einsichtige Kreise, die den wissenschaftlichen Wert der senkrechten 
Beleuchtung zu schätzen wußten, und es war nicht bloßer Zufall, daß die Carte de 
France in 1 : 80000 in senkrechter Beleuchtung ausgeführt wurde, desgl. die Karten in 
1 : 100000, die im Dépôt de la guerre für den Dienst des Kaisers entworfen worden 
waren. Als ein glänzendes Zeugnis für die Kleinarbeit in der Geländedarstellung 
bei senkrechter Beleuchtung und die Reinheit und Präzision des Stiches gilt La 
carte du champ de bataille de Dresde 1 : 30000. 5 Selbst auf Karten kleinern Maß 
stabes wurde die Schraffe geschickt angewendet, wie auf den Karten von A. Berthier 
und von A. H. Brué. 6 Gleichzeitig wurden in Frankreich wirkungsvolle Karten mit 
schräger Beleuchtung geschaffen; eine von ihnen, die berühmte Karte von Corsika 
sollte, wie ich später nachweisen werde, auf Karten ähnlichen Genres von großer 
Bedeutung werden. 
1 Astronomisch-trigonometrisch vermessen, topographisch aufgenommen, reduziert, gezeichnet 
u. gestochen v. d. k. k. Mil.-geogr. Inst. 1:144000, Wien 1847—1860. 
2 Ausgeführt u. hg. durch d. k. k. Mil.-geogr. Inst. 1:288000. Wien 1858. 
2 Eine unter vielen ist die „Carte topographique de la Maire de Stolberg, Departement de la 
Roër, dediée à la chambre consultative des fabrique, manufactures, arts et métiers établie à Stolberg 
sur les Cantons d’Eschweiler, Düren, Froizheim, Gemünd et Montjoie“. Dressée en 1811 par Jean 
Adam Peltzer, dessiné par J. G. Meigen et gravé par Wm. Breitenstein à Düsseldorf, ca. 1:20000. 
(Privatbesitz.) 
4 Vgl. auch K. Peucker: Schattenplastik u. Farbenplastik. Wien 1898, S. 30. 
5 Berthaut: La carte de France. I. Paris 1898. Ein Teil der Karte wird hier wiedergegeben, 
jedoch hat die Reproduktion gegenüber dem Original bereits gelitten. 
6 Alex. Berthier: Carte de l’empire François“. An XII (1804). — A. H. Brué: Carte physique 
administrative, et routière de la France. Paris 1818. [Beide Karten in U.-Bi. Gött.]
	        
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